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Sport: Wasser von innen und außen

Als es 1:5 stand, schwitzte Rainer Schüttler – und dann kam noch der Regen

New York. Pünktlich um Mitternacht trieb der Wind dichte, warme Nebelschwaden über das National Tennis Center in Flushing Meadows. Rainer Schüttler saß im Louis- Armstrong-Stadion in weiße Handtücher gehüllt und wartete auf das Urteil des Schiedsrichters, der den grünen Gummibelag prüfte. Auf der anderen Seite des Netzes ließ sich sein niederländischer Konkurrent Sjeng Schalken von einem der Schirme schützen, die normalerweise als Schattenspender dienen. In der etwas mehr als 10 000 Menschen fassenden Arena verloren sich wenige Zuschauer, auf dem Feld bemühten sich Helfer mit Handtüchern und Gebläsen, den Untergrund wieder bespielbar zu machen.

Doch nach 20 Minuten kam die Absage. „Morgen geht’s weiter“, rief Schüttler seinem Trainer Dirk Hordorff zu, dann ging er. Unzufrieden sah er nicht aus. Zwar muss Schüttler nun nachsitzen, wobei es auch gestern wieder regnete, aber wahrscheinlich bewahrte ihn der Regen vor einer schnellen Niederlage. Um 21.35 Uhr hatte Schüttler den ersten Aufschlag serviert – eine halbe Stunde später lag er 1:5 zurück.

Im siebten Spiel stand es 15:15, als der Regen wieder einsetzte. Es hatte bis dahin weder besonders gut, noch lustvoll ausgesehen, was Schüttler zeigte. Schalken spielte den Ball immer ins zentrale Feld zurück, Schüttler rannte sich dabei die Seele aus dem Leib und verlor die Geduld.

Trainer Hordorff war trotzdem überzeugt, dass der verpatzte Start nichts damit zu tun hatte, dass Schüttler wegen des Regens so lange warten musste. Vielmehr erlitt er bei einem der ersten Ballwechsel eine Rippenverletzung, behandeln ließ er sich erst in der Regenpause. Warum die Spieler danach auf den Platz geholt wurden, gehört zu den Geheimnissen der Organisatoren.

Am Mittwoch waren alle Tagesansetzungen wegen des Regens gestrichen worden, nur Andy Roddick brachte sein Match gegen den Belgier Xavier Malisse zu Ende. Der Liebling der Amerikaner zog ins Viertelfinale ein, dort trifft er auf den Sieger des Spiels zwischen Schüttler und Schalken. Bei dem verzweifelten Versuch der Veranstalter, jeden Tag wenigstens ein paar Sätze über die Bühne zu bringen, um das Turnier nicht bis Montag verlängern zu müssen, drängte sich wieder einmal der Eindruck auf, dass sie mit zweierlei Maß messen. Denn als der Regen am Abend aussetzte und der Boden des Arthur-Ashe-Stadions mit Quetschrollen und Handtüchern bearbeitet wurde, herrschte im daneben gelegen Armstrong-Stadion nur Dunkelheit. Erst als die Arena für Roddick spielbereit war, verlagerten sich die Trocknungsbemühungen auf Schüttlers Spielstätte. Etwas auffällig ist das schon: Diejenigen, die frühzeitig das Viertelfinale erreichten und somit mehr Pause haben, heißen Jennifer Capriati, Lindsay Davenport, Andre Agassi und eben Roddick. Vier US-Stars.

Die Organisatoren weisen jeden Verdacht von sich. „Wir haben mehr Leute zum Schrubben angefordert“, sagt Turnierdirektor Jim Curley, „aber bei dem heftigen Regen hätte das keine Rolle gespielt.“ Schuld sei das Fernsehen. „Wir sind verpflichtet, bestimmte Spiele live zu übertragen“, sagt Oberschiedsrichter Brian Earley. Schüttlers Trainer Hordorff jedenfalls sagt: „Dann sollen sie halt mehr Trocknungsmaschinen kaufen.“ Oder Planen verlegen, wie in Wimbledon. Obwohl er ja froh war, dass der Regen seinem Spieler eine Gnadenfrist einräumte.

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