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Elegant von den Haaren bis zu den Fußspitzen. Der Berliner Patrick Hausding überzeugt in Budapest als Turm- und als Kunstspringer. Das schaffen nicht viele.

© dpa

Wasserspringer: Patrick Hausding: Immer im letzten Anlauf

Vier Starts – vier Medaillen: Der Berliner Patrick Hausding gewinnt im Synchronspringen vom Turm seinen zweiten EM-Titel.

Zehn Meter über der Wasseroberfläche klatschten sich Sascha Klein und Patrick Hausding nochmal ab. Dann postierten sie sich an der Turmkante, drückten sich ab und waren 1,5 Sekunden später Europameister. Es war ihr letzter Versuch im Synchronspringen vom Turm, es war ihr wichtigster. Denn vor diesem Sprung hatten sie noch hinter den Russen Victor Minibajew/Ilja Sacharow gelegen. Damit verteidigten Klein/Hausding bei der Schwimm-Europameisterschaft in Budapest ihren Titel.

Für Patrick Hausding vom Berliner TSC war es sein zweites Gold, er hatte auch am Freitagabend die Konkurrenz vom Drei-Meter-Brett gewonnen. Auch da schon mit seinem letzten – fantastischen – Sprung. Zweimal Silber hatte er da bereits. Besser war bisher kein Deutscher bei einer Europameisterschaft. Der Berliner gewann gestern seine insgesamt siebte EM-Medaille.

Und weil er fast überwältigt war von seinem Erfolg, flüchtete er sich erstmal in den Flachs: „Nach diesen Erfolgen musste ich mir ein innerliches Grinsen verkneifen.“ Aber dann wurde er wieder ernster und sein Blick konzentrierter. „Vier Starts – vier Medaillen, das ist der Wahnsinn. Langsam wird mir mein Erfolg unheimlich.“

Nach dem Vorkampf hatten die Deutschen geführt. Und sie profitierten davon, dass kurz vor dem Finale ein großer Rivale, der erst 16-jährige Brite Thomas Daley, der schon als Welt- und Europameister für Furore gesorgt hatte, mit seinem Partner Max Brick nicht antreten konnte. Er hatte sich verletzt.

Die Deutschen der Deutschen waren gut, aber sie waren erstmal nicht gut genug. Zumindest nicht, um an die Spitze zu kommen. Sie lagen in der Zwischenwertung auf Platz drei. Dafür glänzten die Russen. Von den Kampfrichtern erhielten sie mehrfach die Topnote 10,0. Besser geht’s nicht. Doch dann schlugen die Deutschen zu. „Unsere Nervenstärke ist unser Plus. Einfach toll, dass wir das noch geschafft haben“, sagte Klein, der heute vom Turm starten wird. Und da tritt er als einer der Favoriten an. „Wenn er das zeigt, was er kann, kommt keiner an ihn ran“, sagte Hausding.

Aber vielleicht legt der Berliner selber noch nach. Denn eigentlich ist geplant, dass der 21-Jährige heute auch vom Turm startet. Aber ob er diesen Plan auch umsetzen wird, ist noch offen. „Dann wäre er international der erste Springer, der in allen Wettbewerben in der europäischen Spitze mitmischt“, sagte Lutz Buschkow, der Sportdirektor des Deutschen Schwimmverbands (DSV). Aus lauter Stolz auf seinen vielseitig einsetzbaren Athleten scheute Buschkow nicht einmal den ganz großen Vergleich. „Was Patrick macht, ist einzigartig. Das schaffen nicht einmal die Chinesen. Die sind alle entweder nur Turm- oder nur Kunstspringer.“ Der Berliner könnte als erster Springer überhaupt bei fünf Entscheidungen Medaillen holen.

Aber Hausding dämpfte gleich alle Erwartungen. „Eine Einzelmedaille vom Turm wäre vermessen“, sagte er gestern. Der Satz ist auch eine Art Selbstschutz. Er will seine vier Medaillen erst einmal genießen, er will nicht unter dem Druck stehen, auch im fünften Wettkampf unter die besten drei kommen zu müssen.

Vier Medaillen sind eine ganz starke Bilanz. Dabei kämpft der Berliner mit einem Handicap: Er steht sehr ungern früh auf. „Jeder weiß: Wenn man sehr früh aufsteht, ist man immer ein bisschen langsamer“, erklärte er. „Beim Wasserspringen ist das fatal.“ Zumindest wenn man sich ins Finale vorkämpfen muss.

Punkt sechs Uhr klingelte bei Hausding in Budapest der Wecker, ganz langsam arbeitete er sich aus seinem Bett. Eine Tortur, der der 21-Jährige zunächst mit einem rituellen Griff zur TV-Bedienung begegnet. Mit „Fernsehmusik“ startete Hausding in den Tag. Bisher ist er immer sehr gut gestartet, das hat er ausgiebig bewiesen.

Seinen Sportdirektor Buschkow erinnert Hausding an „eine Katze, die man aus dem Fenster wirft“. Kätzchen landen immer auf den Füßen, Orientierungslosigkeit existiert für diese Tiere nicht – ebenso wenig wie für Hausding. Dabei bringt dessen Mammutprogramm durchaus spezielle Herausforderungen mit sich. „Mehr psychischer als körperlicher Art“, sagte Hausding.

Er meinte das frühe Aufstehen.

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