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Wegen Mohren: Sporthilfe-Vorsitzender Grüschow tritt zurück

Der Vorsitzende der Stiftung Deutsche Sporthilfe, Hans-Ludwig Grüschow, tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Er zieht damit die Konsequenzen aus der Affäre um den Sportchef des Mitteldeutschen Rundfunks, Wilfried Mohren.

Frankfurt/Main (29.07.2005, 14:50 Uhr) - Durch den am Freitag erklärten Rückzug des seit 1997 im Amt befindlichen Grüschows verliert die Stiftung ihren vierten Vorsitzenden nach Josef Neckermann (1967-1988), Willi Daume (1988-1991) und Erich Schumann (1991-1996). In einer persönlichen Erklärung sagte der 69 Jahre alte ehemalige Wirtschaftsmanager, «mit dem Schritt der Deutschen Sporthilfe am besten dienen zu können».

24 Stunden vor einer Außerordentlichen Vorstandssitzung, bei der Konsequenzen aus der Führungskrise beraten werden sollten, zog Grüschow die Notbremse. Der Rücktritt kam daher nicht unerwartet, aber vom Zeitpunkt her für die meisten Vorstandsmitglieder überraschend. «Nun müssen wir eine Lösung programmieren, sie zumindest vorbereiten», sagte das Führungsmitglied Hans Wilhelm Gäb. Grüschows Rücktritt sei «hoch zu respektieren. Er will die Sporthilfe schützen. Seine persönliche Integrität steht nicht in Zweifel. Er wollte den Zielen der Sporthilfe dienen».

Ähnlich äußerte sich auch NOK-Präsident Klaus Steinbach. «Ich habe große Hochachtung vor dieser Entscheidung und akzeptiere sie», sagte der stellvertretende Vorsitzende des Sporthilfe-Vorstandes. Steinbach will sich ausführlicher erst nach der Sitzung am Samstag äußern. Manfred von Richthofen, Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB), empfiehlt, Grüschows Nachfolge nicht in einem «Hauruck-Verfahren» zu regeln. Zugleich forderte er eine vorbehaltlose und transparente Aufklärung der Vorgänge, die Grüschows Rückzug ausgelöst hatten.

Entscheidend für den Rücktritt waren in der vergangenen Woche bekannt gewordene Zahlungen der Sporthilfe von 45.000 Euro an Mohren. Damit hatte Grüschow den Journalisten, offenbar ohne Kenntnis seiner Vorstandsmitglieder, als «Medienbotschafter» honoriert. Zudem hatte die Techem AG, die Grüschow im Vorstand (bis 1999) und im Aufsichtsrat (bis 2003) angeführt hatte, Mohren für Dienstleistungen mit etwa 100.000 Euro entlohnt. Mit der Sporthilfe-Zahlung war in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, als habe Grüschow der Stiftung entgegenkommenden Journalismus erkaufen wollen.

In seiner Erklärung sagte Grüschow, er habe «zu keinem Zeitpunkt auf unzulässige oder gar unrechtmäßige Weise Einfluss auf die Berichterstattung über die Deutsche Sporthilfe in den Medien nehmen» wollen. Das gelte für «sämtliche meiner Medienkontakte». Zudem trat er entschieden dem Eindruck entgegen, dass die Sporthilfe im Zusammenhang mit dem fristlos entlassenen Mohren «Teil von systematisch unzulässigen, möglicherweise sogar kriminellen Machenschaften geworden» sei. Die Staatsanwaltschaft hatte im Zuge ihrer Ermittlungen gegen Mohren am vergangenen Dienstag unter 16 Objekten auch die Frankfurter Geschäftsstelle der Sporthilfe durchsucht.

Sollte er die Sporthilfe «durch den Umgang mit Herrn Mohren in ihrem Ansehen geschädigt haben», bedauere er das sehr, entschuldigte sich Grüschow. Er werde «alles dafür tun», dass der Ruf der Sporthilfe innerhalb der deutschen Sportorganisationen, gegenüber ihren Partnern, bei den geförderten Sportlern «und vor allem in der Öffentlichkeit untadelig bleibt», sagte Grüschow. Im Hinblick auf das laufende Ermittlungsverfahren werde er keine öffentlichen Stellungnahmen mehr abgeben.

Grüschow hatte die Sporthilfe in den acht Jahren seines Ehrenamts aus der finanziellen Krise geführt und die Förderungskonzepte für die (gegenwärtig 4000) Spitzensportler ständig angepasst. Als Mitglied des NOK-Präsidiums, Vorsitzender des Aufsichtsrats der von der Sporthilfe geschaffenen Vermarktungsagentur DSM und Kuratoriums-Vorsitzender der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA gehörte Grüschow bisher zu den Einflussträgern des deutschen Sports. Als erster Anwärter für eine Übergangslösung kommt der Münchner Bernd Rauch in Frage. Der Grüschow-Stellvertreter hatte sich besonders im Leipziger Bewerbungskomitee für die Olympischen Spiele als Krisenmanager bewährt.

(Von Günter Deister und Eric Dobias, dpa)

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