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Sport: Weiche Knie vor harten Duellen

Man muss den deutschen Schwimmern dankbar sein, sie haben diesmal nicht übers Essen, über schlechte Betten oder über zu viel Lärm im Hotel gejammert. Das sind eigentlich die Klassiker bei den Ausreden nach eher schwachen Ergebnissen.

Man muss den deutschen Schwimmern dankbar sein, sie haben diesmal nicht übers Essen, über schlechte Betten oder über zu viel Lärm im Hotel gejammert. Das sind eigentlich die Klassiker bei den Ausreden nach eher schwachen Ergebnissen. Und fünf Bronzemedaillen bei der WM in Schanghai, das klingt nicht sonderlich erfolgreich. Diese Bilanz klingt zunächst, statistisch, schwächer als nötig, weil die Vorgaben (sechs Medaillen, darunter zwei goldene) sehr hoch waren. Doch das Problem ist weniger die hohe Zielvorgabe, sondern – wie seit Jahren schon – die fehlende Wettkampfhärte. Wer weiche Knie bekommt, wenn Stars wie Michael Phelps oder Ryan Lochte neben einem auf dem Startblock stehen, dem nützen gute Zeiten bei nationalen Wettkämpfen, gegen nationale Konkurrenten, wenig.

Der Bundestrainer Dirk Lange versucht zumindest gegenzusteuern, er organisiert Lehrgänge mit Weltklasseleuten und Starts bei gut besetzten Wettkämpfen. Doch viele Athleten nehmen die Angebote nicht an oder sie entwickeln noch zu wenig Selbstbewusstsein. Lange hätte gerne mehr Weisungsbefugnisse gegenüber den Heimtrainern. Ob das helfen würde, weiß niemand. Ein Versuch wäre es auf jeden Fall mal wert. Schon der frühere Cheftrainer Örjan Madsen hatte die Probleme der Athleten darauf zurückgeführt, dass er zu wenig Durchgriffsmöglichkeiten besitzt.

In den USA sind alle Topstars in Uni-Teams, sie treten permanent gegeneinander an, das stärkt die Wettkampfhärte. In Deutschland ist so eine Konkurrenzsituation unmöglich. Und vermutlich sind einige Athleten auch froh, dass es so ist.

Doch so lange Athleten harte Duelle vermeiden, werden nur Ausnahme-Schwimmer wie Biedermann und Steffen ganz nach oben kommen. Wobei Britta Steffen tragischerweise zu einem Teil des WM-Problems geworden ist. Sie sollte eigentlich eine Leitfigur sein, eine Orientierungsfigur für jüngere Athleten, an der die sich aufrichten können, aber ausgerechnet sie verließ das verunsicherte Team, überfordert mit ihren Rollen als Vorbild und Favoritin. Damit provozierte sie hämische, in ihrer Intensität mitunter auch ungerechte Kommentare. Aber ihre Flucht ist auch ein Hinweis darauf, dass der Teamgeist der Deutschen weniger ausgeprägt ist als nötig.

Das Kommunikationsdesaster der Führung nach der Abreise Steffens zeigt als Nebeneffekt die verbandsinternen Animositäten auf. Lange und Sportdirektor Lutz Buschkow können mehr schlecht als recht miteinander. Diese atmosphärischen Störungen haben normalerweise wenig Einfluss auf den sportlichen Auftritt. Durch Steffens Flucht aber sind nun ziemlich viele Baustellen des Verbands ausgeleuchtet worden.

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