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Sport: Weihnachten ohne Trainer

Dortmund entlässt van Marwijk und handelt sich eine Absage von Hitzfeld ein

Der spektakuläre Coup platzte um die Mittagszeit. Da teilte Ottmar Hitzfeld der Öffentlichkeit mit, dass er nicht zu Borussia Dortmund zurückkehren werde. Ungefähr zur selben Zeit wurde das vollzogen, was längst beschlossene Sache war: Trainer Bert van Marwijk wurde mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Der BVB steht also erst einmal ohne Cheftrainer da. Der zweite Wunschkandidat, Thomas von Heesen, ist noch in Bielefeld im Amt und hat angedeutet, seinen bis Saisonende datierten Vertrag erfüllen zu wollen. „Wir werden in der Winterpause alles besprechen“, hat der Umworbene gesagt.

„Das Angebot hat mich geehrt“, sagte Hitzfeld, „ich habe auch ernsthaft darüber nachgedacht, aber letztlich hat es nicht gepasst.“ Hitzfeld war mit dem BVB zweimal Deutscher Meister geworden und hatte 1997 als Höhepunkt seines Schaffens die Champions League gewonnen. Nachdem er zum Sportdirektor hochgelobt worden war, verließ er 1998 den Revierklub in Richtung München, um dort weitere Titel zu sammeln. Bayern-Manager Uli Hoeneß hatte die Spekulationen um eine Rückkehr von Hitzfeld zum BVB am Sonntag im „DSF-Doppelpass“ angeheizt, als er berichtete, „Ottmar ist wieder voller Tatendrang. Wenn das richtige Angebot kommt, würde er es machen.“ Nun ist klar, Hitzfelds Comeback findet weder beim Hamburger SV noch bei Borussia Dortmund statt. Dass die Meldung über Hitzfelds Absage vom Bezahlsender „Premiere“, bei dem Hitzfeld angestellt ist, als „Exklusiv–Interview“ verbreitet wurde, gehört zu den vielen Kuriositäten in der Dortmunder Trainer-Posse. Ebenso, dass Hitzfeld dort als Begründung anführte, er wolle „weiterhin seinem Job als Fußball-Experte bei Premiere nachgehen“.

Und so wird weiter nach einem Nachfolger für van Marwijk gefahndet. Der Holländer hatte in Dortmund zuletzt nicht mehr viele Freunde. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte sich vor Monaten von ihm abgewendet. Vor der sonntäglichen Partie gegen Leverkusen trug sich auch BVB-Präsident Reinhard Rauball offiziell in die Liste der Kritiker an van Marwijks Arbeit ein. Es könne nicht angehen, schrieb der Jurist im Stadionheft, „dass etwa 15 000 unserer Zuschauer beim Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg das Tor zum 1:0-Sieg nicht mehr mitbekommen, weil sie bereits erheblich vor Spielende das Stadion verlassen haben.“ Klare Worte zu den schlimmen Auftritten einer leblosen Mannschaft, für die van Marwijk die sportliche Verantwortung trägt. Nur zwei Siege in neun Heimspielen, das ist die Bilanz eines Absteigers. Unter der Woche hatte Olaf Suplicki, Vorsitzender der einflussreichen Fan-Abteilung des BVB, die Demission des Trainers gefordert: „Ich kenne nicht einen, der sagt, dass dieser Trainer noch zu ertragen sei.“ Bei der jüngsten Niederlage gegen Leverkusen sangen die Fans voller Häme Lieder wie „Oh, wie ist das schön“, „Deutscher Meister wird nur der BVB“ und „Die Nummer eins im Pott sind wir“. Etwa hundert Fans wechselten ihren Standort von der Südtribüne auf die Haupttribüne, um hinter der Trainerbank „Marwijk raus!“ zu rufen.

Seit das Duo Niebaum/Meier den Klub an den Rand des Ruins geführt hat, war die Atmosphäre in Dortmund nicht mehr so vergiftet. Nach dem Spiel harrten Fans eineinhalb Stunden am Stadiontor aus, um von den Spielern eine Rechtfertigung zu fordern. Doch die hatten die Arena längst auf der anderen Seite verlassen – um von dort zu ihrer Weihnachtsfeier zu fahren.

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