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Sport: Weitsprung: "Das war gigantisch"

"Also, was mir hier alles passiert ist." Kofi Amoah Prah, der 25-jährige Berliner Weitspringer, schüttelte nur noch den Kopf.

"Also, was mir hier alles passiert ist." Kofi Amoah Prah, der 25-jährige Berliner Weitspringer, schüttelte nur noch den Kopf. Er konnte es immer noch nicht glauben, was er da gerade erreicht hatte. Mit 8,19 m war der Athlet des LAC Halensee Fünfter in einem olympischen Wettbewerb geworden, der eine erstaunliche Klasse hatte. Es war ein unglaubliches Erlebnis für den dunkelhäutigen Athleten. "Ich bin heute der glücklichste Mensch auf der Welt. Ich habe den besten Wettkampf gemacht, den man überhaupt machen kann. In diesem Stadion und unter diesem Druck, unglaublich ... " Als Prah schließlich in die Mixed Zone des Olympiastadions kam, strahlte er immer noch.

Doch nicht nur Kofi Amoah Prah machte eine tolle Figur. Die Springer jagten sich gegenseitig nach vorne. Bis zum letzten Durchgang lag der Australier Jai Taurima mit 8,49 m vor dem Topfavoriten Ivan Pedroso. Angetrieben von den 110 000 Zuschauern war Taurima mit persönlichen Bestleistungen über sich hinaus gewachsen und stand unmittelbar vor dem Olympiasieg. Doch dann drehte der "Mann der letzten Versuche", Pedroso, den Spieß noch einmal um und gewann mit 8,55 m in seinem letzten Sprung. "Ohne diese Zuschauer hätte ich sicherlich heute nicht so weit springen können", sagte Taurima später. Doch das Publikum blieb fair und unterstützte sogar Ivan Pedroso bei seinem letzten Sprung. "Das war gigantisch", meinte Kofi Amoah Prah zu dem Duell. "So cool wie Pedroso möchte ich auch mal sein." Doch "so cool" war der Kubaner gar nicht. Nach dem Wettkampf heulte er Rotz und Wasser vor Freude und Erleichterung. Auch ein Weltmeister hat keine Nerven aus Stahl. Die kubanische 800-m-Legende Alberto Juantorena war außer sich vor Freude.

Und auch Prah war eher zum Lachen als zum Weinen zumute. Dabei lag der Berliner bis zum vierten Versuch sogar noch auf dem dritten Platz und träumte schon ein bißchen von einer Medaille. "Vielleicht habe ich zuviel daran gedacht." Sein Trainer Klaus Beer hatte mit genau der gleichen Weite von 8,19 m 1968 in Mexiko Silber geholt. Die 8,19 m scheinen für Kofi Amoah Prah zu einer magischen Marke zu werden. 1999 waren jene 8,19 m seine Bestleistung, diese Marke ist gleichzeitig die Bestleistung von seinem Trainer, und nun wurde er mit dieser Weite Fünfter bei den Olympischen Spielen. "Ich glaube, irgendwann werde ich mit 8,19 m auch mal eine Medaille gewinnen." Ein wenig abergläubisch ist der 25-Jährige: "Ich habe immer ein Bild dabei, das mich mit meiner verstorbenen Mutter zeigt, als ich eineinhalb Jahre alt war. Das bringt mir Glück." Vor dem Wettkampf hatte er noch ein anderes eindrucksvolles Erlebnis: er lernte den Weltrekordler Mike Powell kennen und holte sich beim neunfachen Olympiasieger Carl Lewis ein Autogramm. "Ich habe immer davon geträumt, ihm die Hand zu drücken." Der Superstar wusste zunächst gar nicht, wer dieser deutsche Weitspringer ist, doch Prah stellte sich vor und erzählte, "dass ich jetzt gleich im Finale springe, dann hat er mir viel Glück gewünscht". Das machte ihn stolz. Er sprang wie im Rausch im vollbesetzten Stadion. Und wenn er nächstes Mal Carl Lewis treffen sollte, muss er sich vermutlich nicht mehr vorstellen.

Ursula Kaiser

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