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Sport: Weltmeister in der Silbergasse

Fußball-Regionalligist Hoffenheim peilt die Bundesliga an - ab sofort mit Hockeytrainer Bernhard Peters

Vor der Provinz hat Bernhard Peters keine Angst. Krefeld, seine alte Heimat, sei schließlich auch nicht der Nabel der Welt. Ab heute heißt die neue Heimat des ehemaligen Hockey-Bundestrainers Hoffenheim. Genauer gesagt die TSG Hoffenheim. Dort tritt er sein Amt als Direktor für Sport- und Jugendförderung an. Und das heißt nicht nur Regionalligafußball, sondern auch Bauernhöfe, Hügellandschaften und eine Dorftankstelle. Die kommt direkt nach der Ortseinfahrt.

Wer zu einem Heimspiel der TSG will, muss zuerst an ihr vorbei. Hier gibt es kein Markenbenzin, dafür aber Stehplatzkarten für das nächste Heimspiel. „Die Jungs sind richtig berühmt hier in der Gegend“, sagt der alte Tankwart und blickt ehrfürchtig durch seine schwere Brille nach links. Dort steht das Trainingszentrum der Regionalligakicker. Ein großes Gelände mit einem modernen, frisch gebauten Haus. Davor teure schwarze Autos und ein Schild, das mit einem großen Betonfußball gekrönt ist. Von der Hauptstraße kann man direkt in den verglasten Übungsraum mit seinen vielen Fitnessgeräten blicken. Dahinter liegt ein hoch umzäunter, fein gepflegter Fußballplatz. Es ist der Trainingsplatz. Nur ein alter eingefallener Bauernhof erinnert hier daran, dass hier die Provinz zu Hause ist.

Zwischen Mannheim, Heilbronn und Heidelberg. Hat man die professionelle Trainingsstätte passiert, dauert es nicht mehr lange. Einmal durch den Ort bis die Hinweisschilder zum „Dietmar-Hopp- Stadion“ nach links in die Silbergasse weisen. Diese Pflastersteinstraße führt steil nach oben, direkt zum Stadion. Geparkt wird auf Schotterplätzen oder einfach am Waldesrand. Das Stadion bietet Platz für 5000 Zuschauer. Es gibt VIP-Räume, die Flutlichtmasten ragen über das ganze Dorf hinaus. Schon am Ortseingang künden sie von der Hauptattraktion des Ortes: dem ambitionierten Regionalligaverein mit seinem prominenten Personal.

Dazu gehört jetzt auch Bernhard Peters, der dreimal Weltmeister mit den Hockey-Herren geworden ist. In diesem 3000-Seelen-Örtchen wird er das erste Mal seine Ideen und Konzepte aus dem Hockey in Fußballsprache umsetzen. „Ich bin schon etwas aufgeregt“, gesteht der Routinier. Vor einigen Wochen hat er bereits sein Büro im Trainingszentrum begutachtet und Gespräche geführt. Vor allem mit Ralf Rangnick, dem Cheftrainer. Der hatte die Idee zur Verpflichtung von Bernhard Peters, der auch beim Deutschen Fußball-Bund als Sportdirektor im Gespräch war. „Wir wollen zusammen neue Wege beschreiten“, sagt Peters.

Genau so etwas will Dietmar Hopp hören. Er ist der Mäzen des Vereins. Der Mitbegründer der Software Firma SAP ist in der ganzen Region bekannt. „Wenn wir irgendwo mal ein Freundschaftsspiel in der Gegend austragen, kann man fast fest davon ausgehen, dass Herr Hopp den Sportplatz gesponsert hat“, sagt der ehemalige Herthaner Sebastian Hoeneß, der jetzt zusammen mit seinem früheren Berliner Mannschaftskollegen Sejad Salihovic in Hoffenheim spielt.

Anfang der Neunzigerjahre war Hopps Heimatverein ganz unten angekommen, in der Kreisklasse A. Da ergriff Hopp die Initiative, baute ein Stadion und führte den Verein mit Hilfe von Trainern wie Hansi Flick, der heute Kotrainer der Nationalmannschaft ist, in die Regionalliga. Demnächst beginnt er damit, ein neues Stadion zu bauen. In Sinsheim, der Hauptgemeinde zu der auch Hoffenheim gehört, soll eine moderne, 40 Millionen Euro teure Fußballarena entstehen, in der mehr als 30 000 Zuschauer Platz haben. Und die sollen natürlich Bundesligafußball zu sehen bekommen.

Doch die TSG muss sich erst einmal in der Regionalliga durchsetzen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist die Mannschaft punktgleich mit dem Ersten auf Rang vier. Bernhard Peters soll jetzt mit seinen Konzepten den Weg nach weiter oben bahnen. „Fußball ist ein komplexes Spiel, bei dem man an verschiedenen Stellschrauben ansetzen kann, um das Spiel weiter zu verbessern“, sagt Peters. Taktik, Technik und Fitness seien einige Beispiele, aber auch Gesundheitsprävention, Ernährung und vor allem eine ganzheitliche Jugendarbeit mit motorischer, aber auch intellektueller Förderung seien wichtig. Seinen Wechsel vom Hockey zum Fußball hatte sich Peters schon länger überlegt. „Ich liebe den Fußball, weil es ähnlich wie Hockey ein schnelles Spiel mit Kreativität und Spielwitz ist“, sagt er.

Er habe auch andere interessante Angebote gehabt. Aber in Hoffenheim könne er etwas aufbauen. Im Profibereich wolle er sich vor allem um die Leistungsdiagnostik kümmern. Insbesondere mit Hilfe einer systematischen Videoanalyse soll das Potenzial der Mannschaft noch mehr ausgeschöpft werden. In den ersten Tagen will sich Peters aber erst einmal alles in Ruhe ansehen – im Verein und in der Umgebung. Aber auch wenn er vor der Provinz keine Angst hat, mit seiner Familie will er erstmal in der Nähe von Heidelberg leben. Er tastet sich langsam heran – an die Provinz und den Fußball.

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