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Sport: Weltstar, unerwünscht

Ronaldo will zu Real Madrid, aber dort setzt Manager Valdano lieber auf den eigenen Nachwuchs

Von Harald Irnberger

Madrid. Real Madrid hat alles gewonnen, was es im internationalen Fußball zu gewinnen gibt. Nun ja, fast alles. Ein europäischer Supercup fehlt noch. Den will der Champions-League-Sieger morgen in Monaco gegen den Uefa-Cup-Gewinner Feyenoord Rotterdam holen. Bis vor wenigen Tagen sah es so aus, als würden die Spanier zum ersten Pflichtspiel der neuen Saison zudem mit einem weiteren Superstar auflaufen: WM-Torschützenkönig Ronaldo. Der Brasilianer verdient zwar bei Inter Mailand 16 Millionen Euro – Gehalt plus Werbeeinnahmen – im Jahr. Ronaldo aber fühlt sich in Italien nicht angemessen gewürdigt und will weg. Hingerissen von der Vorstellung, in einer Elf mit Zidane, Figo, Raul und seinem Freund Roberto Carlos zu spielen, ließ er sich durch seinen Agenten bei Real Madrid anbieten. Dort riss der Brasilianer allerdings niemanden aus dem Stuhl. Sportdirektor Jorge Valdano nannte das Interesse seines Vereins spontan bloß „relativ". Die Verpflichtung des Torjägers sei jedenfalls „kein strategisches Projekt“. Ronaldo sei zu teuer, zu oft verletzt und außerdem kein Teamspieler.

Am vergangenen Wochenende kam dann doch Bewegung in die Sache, als vor der Küste von Mallorca zwei Jachten nebeneinander vor Anker gingen: die „Carrozza“ des italienischen Öl-Magnaten Massimo Moratti, zugleich oberster Inter-Chef, und die „Pitina II“ des spanischen Baulöwen Florentino Perez, nebenbei Real Madrids Präsident. Die beiden Herren besuchten einander wechselseitig an Bord ihrer Schiffe, um in aller Freundschaft über das Thema Ronaldo zu reden. Perez hatte nun doch Interesse an dem Transfer, und zwar vor allem aus Marketing-Überlegungen. Hatte er doch schon im Falle Figo und Zidane mehr Geld als jemals zuvor für einen Spieler ausgegeben – doch umgehend durch die weltweite Vermarktung der Nebenrechte, vom Trikot-Handel bis zur Internet-Werbung, an diesen Markenartikeln noch mehr eingenommen. Der Ronaldo-Transfer schien somit auf See besiegelt worden zu sein.

Am nächsten Morgen wurde die Sache dann aber zu Lande erörtert: Valdano telefonierte mit Moratti, der für den Kicker 80 Millionen Euro wollte. Den Spaniern aber war Ronaldo höchstens 15 Millionen plus zwei Spieler wert. Laut Valdano wurde der Deal binnen zehn Minuten einvernehmlich für gegenstandslos erklärt – laut Mailänder Version reichten sogar ganze drei Minuten.

Der Grund für das Scheitern lag seitens Real Madrid indes weniger am Geld, als an sportlichen Überlegungen. Valdano brachte seinen Verein nämlich inzwischen auf einen für den gesamten Spitzenfußball wegweisenden Kurs: Der Sportdirektor, der schon 1994 als Reals damaliger Trainer den 17-jährigen Raul Gonzalez direkt aus der Junioren-Mannschaft geholt hatte, will die künftigen Superstars nun wieder aus dem eigenen Hut zaubern. Zum Beispiel Javier Portillo. Der 20-Jährige wirkt wie eine jüngere und noch unlädierte Kopie von Ronaldo. In der vergangenen Saison erzielte er 46 Tore für Reals Nachwuchs. Und eines in der Champions League, bei seinem Profidebüt gegen Panathinaikos Athen. Bei den Vorbereitungsspielen für die neue Saison traf Portillo trotz dosierten Einsatzes bereits häufiger als Raul, Figo und Co. Er ist nicht der einzige Nachwuchsspieler, der auf dem Sprung steht. Während sich Roberto Carlos noch vom WM-Einsatz erholte, wurde der Brasilianer in Madrid von Raul Bravo ersetzt. Der erledigte seine Aufgabe so gut, dass er inzwischen bereits einen ersten Einsatz im spanischen Nationalteam hinter sich hat.

Und was die Zugänge von auswärts anlangt, geht Real ebenfalls neue Wege. Die Spanier hatten bereits 1996 Esteban Cambiasso von den Argentinos Juniors aus Buenos Aires verpflichtet. Der damals 16-Jährige wurde zunächst an die argentinischen Erstligisten Independiente und River Plate ausgeliehen und hat mittlerweile den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Jetzt hat ihn Real zurückgeholt – als gleichberechtigte Kreativkraft neben Figo und Zidane. Reals Manager Valdano ist zufrieden – und fragt: „Was soll ich mit Ronaldo?“

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