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Sport: Wem der UI-Cup fehlt

Der HSV hat noch keine eingespielte Mannschaft

Von Karsten Doneck, dpa

Die Stimmung war gereizt. Wie das bei einem Nordderby eben so ist. Werder Bremens Torwart Tim Wiese sammelte wutentbrannt in seinem Fünfmeterraum ein Wurfobjekt ein, das von der Nordtribüne der Hamburger AOL-Arena in seinen Arbeitsbereich geflogen war. Es handelte sich um eine kleine Jägermeisterflasche – mit abgeschlagenem Flaschenhals. Schiedsrichter Wolfgang Stark trug den Gegenstand vorsichtig in der offenen Hand zur Seitenlinie und bat dort, der Stadionsprecher möge doch bitte verkünden, das Werfen von Gegenständen sei unverzüglich zu unterlassen. Der Auftrag war Lotto King Karl Befehl. Der Sänger einer Hamburger Kultband, zugleich Rundfunkmoderator und Stadionsprecher beim Hamburger SV – und immer zu Späßen aufgelegt – vergriff sich gründlich im Ton, als er durchs Mikrofon die erzürnten Fans aufforderte, man möge doch bitte den Werder-Torwart „nicht weiter mit Getränken versorgen“. Schlechte Aktion der Fans, schlechter Witz des Stadionsprechers – der HSV brachte beim 1:1 (0:0) im Nordderby gegen Werder Bremen wieder einmal wenig Gutes zustande.

Neun Pflichtspiele haben die Hamburger in dieser Saison schon bestritten, auf den ersten Saisonsieg warten sie nach wie vor. Wer auf die Tabelle schaut, findet den HSV – unglaublich fast bei einem Etat von 120 Millionen Euro – in Abstiegsgefahr. Für Dietmar Beiersdorfer kommt das schwache Abschneiden indes nicht überraschend. Es habe eben einen „kleinen Umbruch“ gegeben, so der HSV-Sportchef. Und der Handlungsspielraum des Klubs bei den Transfers sei ja lange Zeit beschnitten gewesen dadurch, dass die Qualifikation für die Millioneneinnahmen verheißende Champions League bis zum 22. August, dem Qualifikationsrückspiel bei CA Osasuna, auf der Kippe stand. Erst danach konnte man die Personalplanungen vorantreiben. Joris Mathijsen kam für die Abwehr, Danijel Ljuboja für den Sturm und Juan Pablo Sorin für das linke Mittelfeld. „Die Mannschaft ist noch nicht so eingespielt wie zu Anfang der vorigen Saison. Da hatten wir den Kader früh zusammen, alle waren fit und konnten sich über den UI-Cup perfekt einspielen“, sagt Beiersdorfer.

Gegen Werder stand nach den Eindrücken von Trainer Thomas Doll beim HSV „ein Team auf dem Platz, in dem einer für den anderen gekämpft hat“. Nur: Kampf allein reicht nicht, wenn’s am Zusammenspiel hapert. Immer wieder auch brechen dem HSV wichtige Eckpfeiler weg. Rafael van der Vaart, der Spielmacher, wird nach seinem Sehnenanriss erst Ende Oktober wieder auf dem Platz stehen. Thimothee Atouba leidet an Adduktorenproblemen und hat noch kein einziges Saisonspiel gemacht, auch Vincent Kompany, der neue Abwehrchef, fiel verletzungsbedingt über Wochen aus, kehrte erst gegen Werder in die Elf zurück. Der kurz vor Schließung der Transferliste geholte Juan Pablo Sorin schließlich kam mit Wadenproblemen in Hamburg an. Er musste sich in den gut drei Wochen beim HSV im Training meist mit Läufen durch den an die AOL-Arena angrenzenden Volkspark begnügen. Gegen Bremen war der argentinische WM-Verteidiger erstmals dabei. Und schwang sich gleich zur Führungsfigur auf. „Ein intelligenter Fußballer, man sieht das bei jedem Pass“, lobte Beiersdorfer.

Trotzdem sprang nur ein 1:1 gegen die Bremer heraus. Und nun fällt neben allen Verletzten auch noch Mehdi Mahdavikia aus. Der flog für ein rüdes Foul am Bremer Diego vom Platz. Und für die Wurfattacken gegen Tim Wiese muss der HSV mit einer Geldstrafe rechnen. So kommt eben eines zum anderen.

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