zum Hauptinhalt

Sport: Wenn der Walzer-Tänzer zum Steh-Geiger wird

Wassili Karassew der stille Held des Abends beim Basketball-Erfolg gegen den FC BarcelonaVON DIETMAR WENCK BERLIN.Wenn man den Worten von Trainer Svetislav Pesic folgen mag, hat der Deutsche Meister Alba Berlin lange nicht so viel gewonnen wie an diesem schönen Basketball-Abend.

Wassili Karassew der stille Held des Abends beim Basketball-Erfolg gegen den FC BarcelonaVON DIETMAR WENCK BERLIN.Wenn man den Worten von Trainer Svetislav Pesic folgen mag, hat der Deutsche Meister Alba Berlin lange nicht so viel gewonnen wie an diesem schönen Basketball-Abend.Nach dem 81:78 gegen den FC Barcelona und dem damit feststehenden Einzug in die Europaliga-Play-offs mochte der stolze Head Coach gar nicht aufhören in seiner Aufzählung."Zum zweitenmal in Folge in den Play-offs, okay, wir sind die einzige deutsche Mannschaft, die das überhaupt je geschafft hat.Das ist wichtig für den Basketball in Deutschland.Aber wir haben heute mehr gewonnen als diese Qualifikation", sagte er.Und erinnerte daran, daß endlich einmal wieder Christian Welp ein Spiel ohne Verletzung beenden konte.Daß Henrik Rödl nach einer Formkrise "der alte Henrik war heute".Daß Wendell Alexis, "ein hervorragender Spieler, der in solchen Situationen die Ruhe behält", in den entscheidenden Sekunden kurz vor Schluß eiskalt zwei Freiwürfe verwandelte, mit denen er in dieser Saison so oft Probleme gehabt hatte.Und dann war da noch der Spielmacher von Alba Berlin.Pesic: "Es war ein großes Spiel von Wassili." Wassili Karassew war der stille Held des Abends.Wie in den vergangenen Wochen gewohnt ruhig und sachlich führte er das Angriffsspiel der Berliner.Noch wichtiger war diesmal eine andere Qualität.Wie ein Schatten folgte er seinem Kontrahenten Aleksandar Djordjevic, der als der beste Mann auf dieser Position in Europa gilt.Da mußte der Russe in Berliner Diensten doch wenigstens einmal kess werden: "Habt ihr ihn heute gesehen?" fragte er in die Runde.Ehrlich gesagt, kaum.Woran das lag, erklärte Pesic.Er habe zu Karassew gesagt: "Immer wenn Djordjevic gepaßt hat, will ich nicht sehen, daß er wieder in Ballbesitz kommt.Wenn man ihn freiläßt, dann spielt er nicht mehr Basketball, dann tanzt er Wiener Walzer." Das ist leichter gesagt als getan, aber Karassew, der die Verteidigung erst in Berlin unter dem Druck des jugoslawischen Trainers schätzen gelernt hat, hielt sich minuziös an die Anweisung - und degradierte sein Pendant zum Steh-Geiger.Wo Djordjevic auch auftauchte, der Russe war schon da.Die schnellen Hände und diesmal fast noch schnelleren Füße brachten den Europameister in Rage.Ganze zwei Punkte und nur ein Assist (Vorlage zum Korberfolg) gelangen Djordjevic nach dem Wechsel - zu wenig für den FC Barcelona.Wie stark diese Katalanen trotz ihrer vier Verletzten und trotz der Kaltstellung ihres Spielmachers sind, beweist indes das knappe Resultat.Alba bot dabei eine durchgehend gute Leistung und hatte diesmal keines der gefürchteten "5-Minuten-Täler" zu überstehen. Dem üblicherweise schweigsamen Karassew, der in den ersten Monaten bei Alba sehr scheu war und oft wie ein Einzelgänger wirkte, lief nachher das Herz über, vor allem in einer Herzens-Angelegenheit."In den ersten Wochen hier habe ich nur meinen Job gemacht", sagte er in mittlerweile ordentlichem Englisch, "inzwischen gehöre ich mit ganzer Seele zur Mannschaft und bin sehr gut integriert." Ganz anders, als das bei seinem letzten Engagement in der Türkei bei Efes Pilsen Istanbul gewesen war: "Eine Saison gespielt, nicht integriert gewesen." Deshalb zieht es den 26jährigen nicht in die Länder, wo er gewiß mehr Geld verdienen könnte als in Deutschland.In die NBA will er nicht, auch nicht in die südeuropäischen Ligen."Die Entscheidung", sagt der ehemalige Moskoviter, "fällt nur zwischen ZSKA Moskau und Alba Berlin." "Da kann ich ja auch gleich sagen: Die Entscheidung fällt nur zwischen Karassew und Djordjevic", flachste Albas Präsident Dieter Hauert, als er vom Zwiespalt des Russen erfuhr.Ernsthaft betrachtet, haben natürlich auch die Berliner Verantwortlichen erkannt, daß sie mit Alexis/Karassew momentan ein sogar in Europa herausragendes Ausländer-Duo unter Vertrag haben.Der Kontrakt des US-Amerikaners läuft noch für ein Jahr; Karassew muß sich am Ende der Saison entscheiden.Nach der Leistung, die er am Donnerstag bot, kann man Alba nur empfehlen, ihn möglichst schnell für länger an sich zu binden.Dann wäre vermutlich noch mehr gewonnen.

DIETMAR WENCK

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false