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Sport: Wenn die Anklage verteidigt

Endgültige Entscheidung im Fall Hoyzer vertagt

Leipzig - Gerichtsverhandlungen laufen gemeinhin nach folgendem Muster ab: Ein Staatsanwalt klagt an, ein Verteidiger verteidigt, ein Richter fällt ein Urteil. Gestern, bei der Revisionsverhandlung in Sachen manipulierte Fußballspiele vor dem Bundesgerichtshof in Leipzig, war alles anders. Der Staatsanwalt verteidigte, die Verteidiger bedankten sich, und alle hatten sich lieb. Zufrieden aber war am Ende keiner, weil die Richter bei so viel Harmonie nicht mitspielen wollten. Es gab nach sechsstündiger Diskussion nicht einmal ein Urteil. Der ehemalige Schiedsrichter Robert Hoyzer und der Wettpate Ante Sapina bleiben also im Ungewissen, ob sie ins Gefängnis müssen. „Der Senat benötigt Zeit zur Beratung, und die wird er sich auch nehmen“, sagte der Vorsitzende Richter Clemens Basdorf. Am15. Dezember will er seine Entscheidung verkünden.

Nach der gestrigen Verhandlung sind die Angeklagten eher skeptisch, dass die vom Landgericht Berlin vor einem Jahr gefällten Urteile aufgehoben werden. „Ich sehe dem Urteil nicht sehr zuversichtlich entgegen“, sagte Hoyzers Anwalt Thomas Hermes, der registriert hatte, „dass der Richter die Augen verdreht, wenn ich etwas sage“. Die Aufforderung, ein Schlusswort zu sprechen, quittierte Hermes mit der Bemerkung: „Auf ein Schlusswort wird verzichtet.“

Es war der letzte Akt einer Verhandlung, die für die Verteidigung denkbar günstig begonnen hatte. Generalbundesanwalt Hartmut Schneider zerpflückte die Berliner Urteile, sprach von „bemerkenswert oberflächlicher Begründung“ und davon, dass „gequält Inhalte in Urteile hereingepresst“ worden seien. Zudem habe das Landgericht nur einen von zwei Präzedenzsprüchen herangezogen – den, der eine Verurteilung wegen Betrugs rechtfertige. Daraus folge, dass die Angeklagten freizusprechen seien.

Doch Schneiders Brillanz in der Argumentation ging einher mit einer gewissen Schnöseligkeit: „Lieber BGH, stellen Sie sich mal vor, Sie gehen in ein Wettbüro und sagen: Guten Tag, mein Name ist Ante Sapina, ich habe hier ein prima manipuliertes Spiel für Sie, machen Sie mir doch mal eine neue Quote.“ Die Anwälte aller sechs Verurteilten bemühten sich später, Schneiders Plädoyer zu loben, aber die Richter ließen wenig Verständnis erkennen. Sapinas Anwalt Nicolas Becker hatte „den Eindruck, als sei der Senat schon in eine bestimmte Richtung fixiert“. Als Thomas Hermes mittels Addition der Einzelstrafen darauf hinweisen wollte, die Strafe für Hoyzer sei viel zu hoch ausgefallen, kanzelte ihn der Vorsitzende ab wie einen Referendar: „Solche Mathematisierungen sind der Gesamtstrafzumessung im Wesentlichen fremd.“ Entsprechend pessimistisch fiel Hermes’ Prognose aus: „Das Höchste, was ich mir für Herrn Hoyzer erhoffe, ist, dass der Fall zur Neuverhandlung an eine andere Kammer verwiesen wird.“

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