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Sport: "Wenn ein Hai kommt, hau ich ihm zwischen die Augen" - trotzdem hat sie Scharfschützen als Begleitschutz

Peggy Büchse (27) hat ein ausgefallenes Hobby: Langstreckenschwimmen. 1995 wurde sie Europameisterin (25 und 5 km), 1997 Europameisterin (5 km), 1998 Vize-Weltmeisterin (25 km).

Peggy Büchse (27) hat ein ausgefallenes Hobby: Langstreckenschwimmen. 1995 wurde sie Europameisterin (25 und 5 km), 1997 Europameisterin (5 km), 1998 Vize-Weltmeisterin (25 km). Peggy Büchse studiert in Rostock Sport und Erziehungswissenschaften und ist mit dem Triathleten Thomas Hellriegel befreundet. Helen Ruwald sprach mit ihr.

Sie schwimmen Strecken bis zu 88 Kilometern, manchmal sogar in einer richtigen Dreckbrühe. Dabei kämpfen Sie gegen Wellen, Strömungen und Feuerquallen. Hört sich ziemlich grässlich an.

Nein, gerade das macht es ja so interessant. Trotz Begleitboot muss man selbst gucken, dass man nicht irgendwo dagegen schwimmt oder falsch schwimmt. Man muss auf die Wellen aufpassen, auf mögliche Tiere und auch noch gegen sich selbst kämpfen.

Was ist das Schwierigste?

Der Kampf mit sich selbst. Es gibt ja auch Tage, an denen es nicht so läuft. Den inneren Schweinehund zu bekämpfen, ist schon enorm wichtig.

Reden Sie dabei mit sich selbst?

Ich rufe mir ins Gedächtnis, wie mein Freund Thomas beim Ironman schwierige Phasen bewältigt und sich durchbeißt. Allerdings schweife ich nie lange ab.

Für Sie ist es völlig normal, 25 Kilometer durch den Ozean zu schwimmen. Wie lange schaffen Sie es, still zu sitzen?

Ja, ruhig sitzen kann ich nicht lange. Bei Geburtstagsfeten ist es immer ein Graus, wenn man vier oder fünf Stunden sitzt. Nach ein, zwei Stunden muss ich mich bewegen. Das geht in der Uni nur schlecht. Ich versuche es so hinzukreigen, dass ich nicht zu viele Vorlesungen hintereinander habe.

Die Bücher kommen mit, wenn Sie in der Weltgeschichte unterwegs sind?

Zum Teil schon, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich sie nur zur Beruhigung mitnehme und dann passiert nicht so viel.

Ihr Freund Thomas Hellriegel ist auch Extremsportler, Triathlet. In einen harmlosen Bankangestellten könnten Sie sich wohl nicht verlieben?

Er muss schon sportlich sein und die Figur haben. Und er muss akzeptieren, was ich mache und in welcher Menge. Aber auch ein Bankangestellter kann ja sportlich sein, das kann ich mir schon vorstellen.

Trainieren Sie ab und zu miteinander?

Wir wohnen 860 Kilometer voneinander getrennt. Wenn wir uns besuchen, dann trainieren wir, aber nicht miteinander, sondern nebeneinander. Ich bin viel schneller im Schwimmen. Da hat er keine Chance.

Und das akzeptiert er?

Ja. Ich kann auch nicht mit ihm joggen, er ist zu schnell. Wir laufen zusammen los - ich komme halt eine halbe Stunde später an.

Häufig kriegen Sie ihn sicher nicht zu Gesicht.

Ich könnte öfter zu Thomas fahren, aber - das klingt vielleicht hart - da ist mir doch der Sport ein bisschen wichtiger. Von seiner Seite ist das aber noch schlimmer, möchte ich hier mal anbringen.

Andere Leute fliegen in Urlaub, Sie schwimmen wahrscheinlich in Rostock los.

Das wäre zwar preisgünstig, aber so weite Strecken... Und die Gewässer sind viel zu kalt. Da nehme ich doch lieber das Flugzeug.

Wie alt waren Sie, als Sie schwimmen gelernt haben?

Fünf. Mein Opa hat es mir beigebracht. Ich habe ziemlich langsam schwimmen gelernt, manche waren am Verzweifeln. Die Technik hat nicht gestimmt.

Waren Sie von Anfang an mutig? Ein Typ, dem kein Wasser zu kalt und kein Sprungbrett zu hoch war?

Ich habe mit einem Jahr an der Ostsee gesessen und im Wasser gespielt. Ich war nie wasserscheu. Wir waren zelten, da bin ich im See geschwommen. So haben sich die Ängste abgebaut.

Es sind ab und zu auch Haie unterwegs. Wie kann man die austricksen?

Mein Bruder hat gesagt, wenn mir ein Hai begegnet, soll ich ihm zwischen die Augen hauen. Das habe ich mir auch vorgenommen. Und dann einfach wegschwimmen. Aber die Strecken werden so ausgesucht, dass keine unmittelbare Gefahr besteht. Wenn doch, wie vor zwei Jahren in Australien, wird man geschützt: Mit scharfer Munition, mit Booten und Hubschraubern, die da rumfliegen.

Gerät man da nicht in Panik?

Ich habe mich so auf den Wettkampf konzentriert, dass mich das gar nicht gestört hat. Und es kam auch kein Hai.

Wenn Sie nach zehn Stunden aus dem Wasser kommen, was tut Ihnen dann nicht weh?

Mir tut alles weh. Außer der Zunge.

Als normaler Sterblicher reibt man sich bei Muskelkater zum Beispiel mit Franzbranntwein ein. Was tun Sie?

Am besten ist eine Massage gleich nach dem Rennen, damit der Körper durchblutet.

Nach einem Wettkampf sind Sie völlig aufgeweicht. Fehlen nur die Schwimmhäute.

Die wären ja gut, mit Schwimmhäuten wäre man schneller. Man sieht so aus, als habe man zwei, drei Stunden in der Badewanne gelegen. Aber das gibt sich alles wieder.

Warum tun Sie sich das alles an?

Beckenschwimmen hat mich nicht mehr erfüllt. Ich wollte herausfinden, ob ich das durchhalte. Dann kam der Erfolg dazu. Jetzt bin ich ein bisschen erfolgsgeil.

Würden Sie gerne mit Franziska van Almsick tauschen?

Nee. Die könnte mir zwar ein paar Mark abgeben, aber das ist ja auch nicht alles. Sie muss sehr viel aufgeben für diese Popularität. Erst wird man von der Presse hochgepusht, dann kritisch betrachtet, dann auseinandergenommen, auch im Privatleben.

Sie schwimmen Strecken bis zu 88 Kilometern[manch]

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