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Sport: Wenn einer betroffen ist, der treffen soll

Der deutsche Stürmer Lukas Podolski hat noch kein WM-Tor erzielt und kämpft jetzt auch noch an fremden Fronten

Berlin - Lukas Podolski hat einen Traum wie viele in diesem Land, und er hat ein Talent wie vielleicht kein Zweiter. Lukas Podolski will Weltmeister werden, und das wird im hohen Maße auch davon abhängen, dass Podolski trifft. So wie beim Confed-Cup im vorigen Sommer, als er mit seinen Tricks und Treffern die deutschen Fans verzückte. Diesen Lukas Podolski gibt es derzeit nicht.

Lukas Podolski hat jetzt einen ziemlich roten Kopf. Er sagt aber, dass er sich keinen Kopf mache. Das hat er schon oft gesagt, in seinem recht jungen Nationalspielerleben. Doch es ist zu spüren, dass irgendetwas nicht stimmt.

Lukas Podolski ist plötzlich nicht mehr „Poldi“ und schon gar nicht „Prinz Poldi“. Lukas Podolski ist nur noch ein ganz normaler Stürmer. Im Moment ist er ein Stürmer, der zwei WM-Spiele lang kein Tor geschossen hat. Sein Auftritt ist ein anderer. Seine Gedanken sind andere. Er redet nicht mehr von „Gegner weghauen“ oder „Tor machen – und nach Hause fahren“. Jetzt sagt er: „Ich weiß auch, dass ich besser spielen kann, aber daraus eine Diskussion zu machen, das ist nicht fair, das ist nicht okay.“

Lukas Podolski hat die Nase gestrichen voll, so viel ist sicher. Er hat die Nase voll davon, dass die Journalisten angefangen haben, die Spielminuten zu zählen, wie lange er nicht mehr getroffen hat. Er wisse, dass dies ein üblicher Reflex ist, weshalb er jetzt nur noch hoffen will, „dass ich keinen neuen Rekord aufstelle“. Stürmer hätten solche Phasen, sagt Jürgen Klinsmann und erzählt aus eigenen Erfahrungen. In Podolskis Fall aber spricht der Bundestrainer von einer „interessanten Phase“.

Sie ist schon mal deswegen interessant, weil sie noch gar nicht so lange andauert. Podolski traf kurz vor der WM beim 7:0 über Luxemburg. Und noch ist er mit zwölf Treffern der erfolgreichste Torschütze der Ära Klinsmann. Aber vermutlich ist ja gerade alles an Lukas Podolski so interessant. Er steht vor dem Tor, macht sich keine Gedanken und knallt die Bälle ins Netz. So wie früher Gerd Müller, das Phänomen.

Das Phänomen Lukas Podolski hat zum Leidwesen Lukas Podolskis auch der Westdeutsche Rundfunk (WDR) für sich entdeckt. Seit Tagen strahlt ein zugehöriger Radiosender die Satire-Serie „Lukas’ Tagebuch“ aus. Die Serie finde bei den Hörern hohe Resonanz, wie der Sender mitteilt, stößt aber bei Podolski auf hohe Ablehnung. Das Management des Spielers meint, dass sein Klient als trampeliger und blöder Fußball-Prolet dargestellt wird. Und das sei nun nicht mehr interessant, sondern schlicht „unter der Gürtellinie“, wie Podolski sagt. „Ich verstehe Spaß, aber das geht zu weit. Deshalb gehe ich dagegen vor.“ Sein Anwalt hätte bereits eine Unterlassungsklage eingereicht. Bis auf weiteres werde er allen ARD-Reportern kein Interview mehr geben. Sagt Podolski. „Hier wird unter dem Deckmantel der Comedy jemand gekränkt und verletzt. Lukas wird in eine Ecke gedrängt, die bei allem Verständnis für Spaß nicht nachvollziehbar ist“, sagt Harald Stenger, der Medienchef des Deutschen Fußball-Bundes. Und: „Wir tragen seine Entscheidung mit.“

Der Sender wolle sich, wie WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel wissen ließ, „seine journalistische Arbeit nicht einschränken“ lassen und „die Comedy fortsetzen“. Ausgang offen.

In den eigenen Reihen sind Irritationen leichter zu begradigen. „Wir haben absolut keinen Krach“, sagt Miroslav Klose. Die Meinung von Podolskis Sturmpartner sei in einigen Zeitungen „komplett falsch dargestellt“, wie Klinsmann sagt. Und Klose sagt: „Ich habe nur gesagt, dass der Lukas etwas zu verkrampft wirkt. Wenn er spielt, muss er mehr aus der Bewegung kommen.“ Wie man sich das vorzustellen hat, wollen oder können weder Klose oder Klinsmann noch Podolski selbst sagen. Vielleicht ist ja das das Problem. Wie ist das: aus der Bewegung kommen?

Egal, Jürgen Klinsmann ist sich sicher, dass jetzt Bewegung in die Sache kommt. „Der Lukas“, sagt der Bundestrainer, werde schon sein Tor schießen. Das komme früher oder später bei diesem Turnier. „Er schlägt dann zu, wenn niemand damit rechnet“, sagt Klinsmann. Diese Vorstellung gefällt Lukas Podolski.

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