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Sport: Wenn Kollegen sich den Vogel zeigen

In Istanbul kollidieren die beiden Red-Bull-Piloten Vettel und Webber – und küren Hamilton zum Sieger

Es war die 41. Runde, ein paar Regentropfen nässten die Strecke im Istanbul Park. Sebastian Vettel wollte an dem bis dahin führenden Mark Webber vorbeiziehen, war auch schon leicht vorne, lenkte dann aber wohl ein bisschen zu sehr nach innen, die beiden Autos berührten sich – und der dramatische Vierkampf an der Spitze zwischen den beiden Red Bull und den beiden McLaren, der den Großen Preis der Türkei von der ersten Runde an spannend gemacht hatte, war zu Ende.

Vettel drehte sich und kam von der Strecke, Webber fiel nach einem Boxenstopp auf Platz drei zurück. Der Heppenheimer war zunächst außer sich, zeigte seinem Teamkollegen den Vogel, doch die Mehrzahl der Experten sah die Schuld zunächst eher bei ihm. „Da war genug Platz für Vettel, um ohne Richtungsänderung weiter Richtung Kurve weiterzufahren“, sagte RTL-Experte Christian Danner, „Webber fuhr kerzengerade weiter. Er hat das Auto ein bisschen verloren – das hätte man auch geschickter anstellen können.“

Auch Niki Lauda gab Vettel ziemlich drastisch die Schuld – sehr zum Ärger von Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko. Teamintern, mit dem entsprechenden Hintergrundwissen, sah man das Ganze nämlich völlig anders, nahm Vettel in Schutz und gab die Schuld viel eher Webber und seinem Renningenieur: „Die Analyse von Lauda und einigen anderen Experten war voreilig und falsch. Es gab eine klare interne Anweisung von der Teamführung an Marks Renningenieur, ihm zu sagen, dass Sebastian deutlich schneller ist als er und andererseits massiven Druck von Hamilton bekommt. Da haben die beiden wohl ein bisschen zu langsam reagiert.“ Deutliche Worte werden da wohl noch gesprochen werden, sowohl mit dem Renningenieur als auch mit dem Fahrer, betonte auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner: „Denn neben allem anderen gibt bei uns die Regel, dass man dem Teamkollegen gegenüber schon einmal einen Kompromiss machen und nachgeben sollte, anstatt es auf einen Crash ankommen zu lassen.“ So aber konnte McLaren mit Lewis Hamilton und Jenson Button einen Doppelsieg feiern. „Wir haben ihnen extrem wichtige Punkte geschenkt“, sagte Horner, „das darf nicht passieren.“

Rund um Vettel entstand nach dem Rennen ein Riesenchaos, mit Journalisten, die sich fast mit Mechanikern prügelten. Als der 22-Jährige endlich Stellung nehmen konnte, sagte er deutlich: „Ich war innen, hatte Vorrang auf die nächste Kurve, war nur auf das Anbremsen fokussiert, dann hat es einen Schlag gegeben und das Rennen war vorbei. Es tut weh. Wie schlimm die Folgen sind, werden wir am Ende des Jahres erfahren.“ Er sei auf keinen Fall übereifrig gewesen. „Ich hatte einige Runden, mir das anzusehen“, sagte Vettel, „ich hatte das Gefühl, schneller fahren zu können und nutzte meine Chance. Unter Teamkollegen sollte man dem anderen genug Platz geben.“

Mark Webber betonte, keine Informationen vom Team bekommen zu haben, bemühte sich aber, zu entschärfen: „Wir haben schon seit Jahren eine gute Beziehung. Das ist ein harter Tag für uns beide. Aber das kann passieren.“

Zu allem Überfluss hätten dann die durch den Crash souverän führenden McLaren-Piloten Lewis Hamilton und Jenson Button fast die gleiche Aktion wiederholt: Bei den nächsten Regentropfen hatte Button offensichtlich auch das Gefühl, schneller fahren zu können als sein Teamkollege, zog mit einem äußerst knappen Manöver auch kurz vorbei, doch Hamilton konterte, holte sich die Führung wieder – und danach war ein für alle mal Ruhe. Mit ziemlicher Sicherheit hatten die McLaren-Verantwortlichen über Funk ein deutliches Wort gesprochen. In der WM führt jetzt Webber mit fünf Punkten Vorsprung vor Button und neun vor Hamilton, Vettel fiel mit 15 Punkten Rückstand auf seinen Teamkollegen auf Rang fünf zurück. Und die Red- Bull-Bosse werden in den nächsten Tagen und Wochen alle Hände voll zu tun haben, damit das interne Duell nicht zum Kampf eskaliert.

Mercedes bestätigte seine Position als dritte Kraft: Michael Schumacher landete ganz knapp vor Nico Rosberg auf Platz vier. „Das war definitiv ein Schritt nach vorne“, sagte Schumacher. Ferrari erlebte dagegen eine Enttäuschung: Beim 800. Grand Prix der Teamgeschichte landete Felipe Massa auf Platz sieben, Fernando Alonso wurde Achter.

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