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Werder Bremen: Eingewechselt vom Zeugwart

Sieg in der Verlängerung: Einige Zufälle küren Markus Rosenberg zum Spieler, der Bremens neuestes Wunder initiiert.

Der Schweiß perlte von der hohen Stirn. Als der Finne Petri Pasanen aus den Katakomben des Stadio Marassi kam, standen ihm Anstrengung und Anspannung ins Gesicht geschrieben. „Wieder mal viel erlebt“, sagte der Verteidiger kurz wie knapp, „das ist ja typisch Werder!“ Petri Pasanen scheint seinem Arbeitgeber irgendwie dankbar, dass der Beruf bei den Hanseaten mit vielen Aufregungen verbunden ist. Der SV Werder werkelt weiter an seinen Europapokal-Legenden – das 2:3 (0:2) nach Verlängerung bei Sampdoria Genua öffnete gleichzeitig zum sechsten Mal in den vergangenen sieben Jahren die Tür zur Champions League. „Finanziell und sportlich ist das die Nummer eins und durch nichts zu ersetzen“, sagte Verteidiger Per Mertesacker.

Der Krimi in einer schwülen Sommernacht am Golf von Genua erweiterte die facettenreiche Vereinshistorie um ein kurioses Kapitel, denn dass Verkaufsobjekt Markus Rosenberg in der dritten Minute der Nachspielzeit überhaupt die Verlängerung erzwang, war, wie Pasanen sagte, „verrückt“. Wirkte dieser millionenschwere Verzweiflungsschuss doch wie eine Persiflage auf jede Fußballlogik. Der Schwede, die Nummer neun auf dem Rücken, aber nur noch Stürmer Nummer fünf an der Weser, kam nur deshalb in das eigentlich verlorene Spiel, weil Sandro Wagner sein Trikot wegen einer Platzwunde über dem rechten Auge mit Blut besudelt hatte. „Der Schiedsrichter hat nach einem neuen Trikot verlangt, doch das hätte ja zehn Minuten gedauert“, sagte Wagner.

Die Baulichkeiten im Marassi bringen es mit sich, dass Zeugwart Fritz Munder entweder den spärlich ausgeleuchteten Tunnel unter dem Platz hätte nehmen oder um das ganze Spielfeld hätte rennen müssen, um ein neues Wagner-Jersey aus der Kabine zu beschaffen – so lange wollte Thomas Schaaf nicht warten. „Wir lernen immer dazu: Demnächst werden wir immer noch einen Trikotsatz an der Bank platzieren“, sagte der Trainer. Selbst Rosenberg empfand die Umstände seiner Hereinnahme als eigentümlich. „Vielleicht war das die Taktik vom Zeugwart. Er kann schneller laufen, aber er wollte nicht: Glück für mich.“

Trotzdem möchte der Matchwinner weiterhin weg: „Bei Werder regelmäßig zu spielen, wäre ein Traum, aber es sieht nicht danach aus.“ Geschäftsführer und Manager Klaus Allofs sperrt sich nicht: „Markus hat ein schwarzes Jahr hinter sich, aber er hat seine Fähigkeiten, ihn könnten andere Teams gut gebrauchen.“ Soll heißen: Für einen Spottpreis ist der Millionen-Joker nicht zu haben. Unbedingt verkaufen muss Bremen den Schweden auch nicht. „Und es ist ja kein Geheimnis, dass uns die Champions League in eine viel bessere finanzielle Situation bringt“, ergänzte Allofs, der am Mittwoch in Bremen sogleich seinen brasilianischen Wunschkandidaten Wesley vorstellte, der vielleicht schon am Samstag gegen den 1. FC Köln debütiert.

Der 23-jährige Neuzugang vom FC Santos könnte kurzfristig den behäbigen Tim Borowski verdrängen und mittelfristig Torsten Frings beerben. Dazu kündigt sich die Verpflichtung des französischen Nationalspielers Mikael Silvestre an. Der 33-jährige Abwehr-Allrounder, ablösefrei vom FC Arsenal auf dem Markt, saß in Genua auf der Tribüne. „Es wird kein leichtes Jahr, da ist es schon mal gut, dass wir die Champions League geschafft haben“, sagte Per Mertesacker.

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