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Werder Bremen: Zum Glück gezwungen

In letzter Sekunde der Treffer, der die Verlängerung brachte, dann der Siegtreffer in der 100. Minute. Stefan Hermanns über eine weitere magische Europapokalnacht der Bremer.

Der frühere Bundestrainer Helmut Schön war ein sehr gewissenhafter Mann. Immer wenn er mit seiner Mannschaft ins Stadion aufbrach, stellte er vorab die Frage, ob auch jeder seine Fußballschuhe eingepackt habe – und das aus gutem Grund. Bei der Weltmeisterschaft 1970, im Spiel um Platz drei, wollte Schön Willy Schulz einwechseln, doch der musste leider passen, weil seine Schuhe noch im Hotel standen. Eine solche Schmach würde dem gewissenhaften Schön ganz bestimmt kein zweites Mal unterlaufen.

Aus Schaden wird man klug, und genau deshalb hat Thomas Schaaf nun angekündigt, seine Mannschaft künftig ebenfalls vor dem Anpfiff zum Kleiderappell zu bitten: Liegt auf der Reservebank für jeden Spieler ein Ersatztrikot bereit? Andererseits: Hätte es am Dienstag in Genua ein frisches Hemd für Sandro Wagner gegeben, wäre Bremens Trainer nicht gezwungen gewesen, Markus Rosenberg einzuwechseln, der folglich in der Nachspielzeit nicht das 1:3 für die Bremer hätte erzielen können, wodurch Werder auch nicht in die Verlängerung gekommen wäre, in der wiederum Claudio Pizarro nicht das Tor zum Einzug in die Champions League hätte schießen können.

Oder, um es kurz zu machen: Manchmal können die Bremer gar nichts für ihr Glück.

So reiht sich die Nacht von Genua in die große Bremer Europapokal-Geschichte, die voll ist von Erfolgen, die niemand erklären kann. Sie erzählt von magischen Nächten, von längst verlorenen Schlachten, die auf wundersame Weise noch gedreht wurden. Es ist nicht nur Bremens Hang zum bedingungslosen Offensivfußball, es sind auch solche Spiele unter Flutlicht, die Werders Faszination begründet und den Klub zu einem der beliebtesten in Deutschland gemacht haben. Und eben deswegen wird das, was in Bayern Dusel heißt, bei Werder Wunder genannt.

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