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Sport: Western auf dem Rad

Der Showdown zwischen Schleck und Contador lenkt von den Altlasten der Tour de France ab

Sie belauern sich. Sie testen die Kraft ihrer Beine. Sie tauschen Blicke und sie tauschen Worte aus. „Ich denke, heute bestand die Taktik von Astana darin, mich glauben zu lassen, dass Alberto schwach ist. Sie wollten mich dazu herausfordern anzugreifen. Aber ich habe keinen Grund dazu gesehen“, sagte Andy Schleck am Sonntag nach der ersten Pyrenäenetappe. Zuvor hatten sich die beiden Führenden in der Gesamtwertung auf der 14. Etappe nach Ax-3 Domaines komplett aufeinander konzentriert. Zwischenzeitlich waren die beiden so in ihren Zweikampf versunken, dass sie gar nicht merkten, dass der Russe Denis Mentschow ihnen davon fuhr, ein paar Sekunden im Klassement gut machen konnte und das Ziel als Zweiter hinter Etappensieger Christophe Riblon aus Frankreich erreichte.

Trotz dieser Unaufmerksamkeit: Profis wie Mentschow, Cadel Evans und Carlos Sastre – Verlegenheitshelden in einer Umbruchzeit – sind auf die Statistenbank zurückgekehrt. Der Altstar Armstrong ist Geschichte. Und je stärker Schleck und Alberto Contador im Fokus stehen, desto schneller gerät die Altlast in Vergessenheit. Der ungestüm angreifende Luxemburger Schleck und der eiskalte Contador sind allerdings auch ganz prächtige Protagonisten für den Radsport. In einem Western würde man Schleck die weißen Klamotten überziehen, seine Weste scheint jungfräulich rein, kein Dopingmakel klebt auf ihr. Dass sein Bruder Fränk einst Geld an den Dopingdoktor Fuentes überwiesen hat, kann man Andy schlecht anlasten. Das Milieu, aus dem er stammt, ist nicht über jeden Verdacht erhaben – Papa Johnny verdiente in jenen Zeiten sein Geld mit Straßenradsport, als die Profis Dopingkontrollen noch als unrechtmäßigen Eingriff in die Ausübung ihres Berufs betrachteten. Doch man kann das Milieu auch als den Hintergrund betrachten, vor dem Schlecks Strahlen umso heller wirkt.

Contador dagegen ist der dunkle Held. Seine Initialen AC waren beim Dopingarzt Fuentes notiert. Aus den Händen des spanischen Rennstallchefs Manolo Saiz ging er unter die Fittiche von Johan Bruyneel, jetzt wird er bei Astana von Giuseppe Martinelli angeleitet. Gegen Bruyneel wird gerade wegen Dopingverdachts in den Armstrong-Rennställen ermittelt. Martinellis Stern als Manager ging mit dem nachweislich gedopten Marco Pantani auf. Contador stört dies nicht. Bemerkenswert cool stand er auch den Psycho-Krieg gegen Lance Armstrong im vergangenen Jahr durch. Nach seiner Attacke in Mende, die ihn wieder zehn Sekunden näher an Schleck heranführte, sagte er nun: „Es war gut zu sehen, wie mein Körper nach 210 Kilometern reagiert.“

Die Pyrenäen sind vier Tage lang der Schauplatz für diesen Showdown. Contador hat hier einen Vorteil, weil ihm die kurzen, steilen Anstiege entgegen kommen. Zudem dürfte er beim Zeitfahren in Bordeaux bessere Chancen haben. Schleck stört das wenig. Er sieht sich in der „Form meines Lebens“. Mit soviel Kraft, wie sie sein junger Körper noch niemals verspürte, glaubt er den zwei Jahre älteren Champion bezwingen zu können. Gelingt es ihm, dann wird man bei ihm genauer gucken, woher die ganze Kraft denn wirklich kommt.

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