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Sport: Wider die Unwichtigkeit - Hertha BSC ist längst draußen, doch Jürgen Röber glaubt an den besonderen Wert des Spiels

Was macht man nur mit einem solchen Spiel? Immerhin einem Champions-League-Spiel, in dem für den Sieger eine Prämie von 1,2 Millionen Mark ausgesetzt ist.

Was macht man nur mit einem solchen Spiel? Immerhin einem Champions-League-Spiel, in dem für den Sieger eine Prämie von 1,2 Millionen Mark ausgesetzt ist. Hertha BSC empfängt also heute Abend (20.45 Uhr, live bei tm 3) im Berliner Olympiastadion den FC Porto zum internationalen Halali. "Vorläufig", wie Manager Dieter Hoeneß schon sagt. Denn in der nächsten Saison möchte der Berliner Bundesligist wieder mit von der Partie sein auf den europäischen Fußballbühnen. Und genau darin liegt der Grund nach der Sinnfrage des Spiels. Für die Berliner geht es um nichts mehr. Ein mögliches Weiterkommen in der europäischen Königsklasse wurde in beiden Spielen gegen Sparta Prag (daheim 1:1, auswärts 0:1) verspielt. Und gerade in der Bedeutungslosigkeit des Kicks liegt die Schwere für Hertha BSC.

Vielleicht hatte die sportliche Chefetage des Berliner Bundesligisten etwas früh ein Überleben der Zwischenrunde der Champions League zur Nebensache erklärt. Den Herbst wohl noch im Hinterkopf. Denn zu dieser Zeit, als Mailand und Chelsea bezwungen wurden, musste Hertha auch eine schmerzliche Erfahrung machen. Nämlich die, dass es nicht so leicht ist, auf zwei Hochzeiten gleich gut tanzen zu können, ohne dass das Wesentliche abhanden kommt. Wer sich zu sehr auf die Champions League konzentriert, bleibt in der Liga auf der Strecke. Aber damit sanken freilich die Chancen der Berliner, in der kommenden Saison erneut international zu spielen.

In der Winterpause wurde die Kurskorrektur progressiv-öffentlich vorgenommen. Seitdem läuft es, was den Abstand zu den internationalen Tabellenplätzen in der Liga anbelangt, besser. Europa rückte wieder weiter weg. Schon beim Rückspiel in Prag, gegen den vermeintlich schwächsten Gruppengegner, ging Trainer Jürgen Röber auf Nummer sicher und schickte seinen "zweiten Anzug" aufs Feld. Mit der Folge, dass die einzig halbwegs reelle Chance auf ein Weiterkommen vergeben wurde.

"Wir wollen versuchen, gegen Porto ein gutes Spiel zu liefern", sagt Hoeneß, "aber wir müssen auch an Sonnabend denken". Dann spielt nämlich Hertha beim VfB Stuttgart um wichtige Bundesligapunkte. "Wir haben es selbst in Hand, uns wieder für internationale Aufgaben zu qualifizieren", sagt Hoeneß. Er selbst aber ist als Spieler zu lange in Europa unterwegs gewesen, als dass Hertha einfach dieses Spiel "abschenken" könne. "Die Sportlichkeit verlangt es, dass wir ein optimales Ergebnis anstreben." Hertha könnte immerhin Porto ein Bein stellen, vorausgesetzt, Prag gewinnt daheim gegen Barcelona. Nur bei einem Sieg über "Barca" und einem Erfolg Herthas bleiben die Tschechen im Millionenspiel.

Mit ein bisschen mehr Mut (in Prag) und Cleverness (daheim gegen Prag und in Barcelona) hätte das Spiel heute gegen Porto auch für die Berliner finalen Charakter haben können. Und dennoch hält sich die Trauer darüber, dass es nicht so ist, in Grenzen bei den Berlinern. "Jetzt weiß auch der letzte Spieler, dass es nur noch um die Bundesliga geht", sagt Hoeneß.

Auch Jürgen Röber spricht davon, dass man sich "möglichst gut verkaufen möchte". Doch was ist möglich? Wie will man sich gut verabschieden, möglichst mit einem Sieg, wenn andererseits Schonung für einige Leistungsträger im Vordergrund steht? Michael Preetz jedenfalls darf mal durchpusten. Der Torschützenkönig der zurückliegenden Saison wird ausgeruht in Stuttgart gebraucht. Dariusz Wosz und Sebastian Deisler werden sich wahrscheinlich bei Halbzeit abwechseln. Andreas Neuendorf und Michael Hartmann sind gesperrt. Und Marko Rehmer ist angeschlagen. Dafür aber darf Ali Daei spielen, der das 1:1 gegen die Bayern vorbereitete. Gut möglich, dass erstmals nach langer Verletzungspause Pal Dardai spielt. Auflaufen könnten auch Ante Covic, Anthony Sanneh und Bryan Roy. Röber wird also seinen "zweiten Anzug" gegen Porto stellen, eine Bezeichnung, die der Trainer so nicht stehen lassen will. "Was heißt zweiter Anzug? Wir haben sehr wichtige Spieler, und Spieler, die nah dran sind. Vielleicht erreiche ich ja mehr mit diesen Leuten." So kann man es auch sehen.

Für einige Leute, "die Forderungen stellen, wird das Spiel richtungsweisend sein", sagt Röber. "Jetzt können sie es zeigen." Der Trainer verweist darauf, dass "hinter uns schwere Spiele liegen, die viel Substanz gekostet haben." So musste die Mannschaft schon einem 0:1 gegen Unterhaching nachlaufen, wie zuletzt auch gegen die Bayern. "Wir mussten immer voll gehen", sagt Röber. Allein die Tabellensituation habe Druck ausgeübt auf die Spieler, und wohl auch auf Röber. Für den Trainer ist es daher eben nicht das unwichtigste Spiel des Jahres. "Wir haben irgendwo die verdammte Pflicht, unser Bestes zu geben. Das Spiel wird live übertragen", sagt er. Hertha wolle nicht leichtfertig am neu erworbenen Image kratzen. "Berlin ist wieder eine bekannte Größe in Europa", sagt Hoeneß. Vor drei Jahren schließlich habe kaum einer außerhalb Deutschlands gewusst, "dass in Berlin Fußball gespielt wird". Mal sehen, wie Europa Mittwoch darüber denkt.

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