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Sport: Wie beim ersten Spiel

Wer so lange pausiert hat wie Elber, für den ist alles neu – zum Saisonauftakt heute bei den Bayern freut sich der Gladbacher, auf der Bank sitzen zu dürfen

Giovane Elber ist bescheiden geworden. Es ist schon ein Erfolg für ihn, dass er sich heute zum Auftakt der Bundesligasaison in der Kabine der neuen Allianz-Arena umziehen darf, um im Trainingsanzug auf der Ersatzbank von Borussia Mönchengladbach Platz zu nehmen. „Wenn man so lange nicht gespielt hat, fängt man ganz von vorne an. Plötzlich ist der Platz unheimlich groß, und man weiß nicht, wo man hinlaufen soll. Es ist wie vor dem ersten Bundesligaspiel.“ Nach einem Schien- und Wadenbeinbruch, den Elber bei Olympique Lyon erlitt, fehlt ihm immer noch das Laufvermögen für die volle Distanz. Nachdem die Ärzte eine Platte aus seinem Bein entfernt hatten, „musste er wieder bei null anfangen“, sagt sein Trainer Horst Köppel. „Er ist noch nicht fit genug, um eine ganze Partie durchstehen zu können.“ Trotz mangelhafter Ausdauer und Schnelligkeit reiche es aber vielleicht für zehn oder zwanzig Minuten, heute im Spiel bei Bayern München (20.30 Uhr, live in der ARD).

Dennoch hofft Elber, dass alles zusammenkommt: sein zweites Wiedersehen mit den Bayern in München (beim ersten schoss er Lyon in der Champions League zum Sieg), sein Comeback in der Bundesliga und sein erstes Pflichtspieltor für Gladbach. Das wäre viel auf einmal. Aber nach einem Jahr des Leidens mag helfen, sich mehr an seinen Träumen als an der Wirklichkeit zu orientieren. „Reinkommen und das Siegtor machen“, so beschreibt er seinen Traum. Der Blick auf die Gegenwart bietet den Borussen vor dem Klassiker, der in den Siebzigern das Gipfeltreffen der Liga war, eine düstere Perspektive. Die Gladbacher sind seit 16 Monaten ohne Auswärtssieg, und den FC Bayern haben sie in dessen Stadion überhaupt erst einmal bezwungen, vor fast zehn Jahren. Diese Vorgeschichte liefere keinen Grund, „allzu optimistisch zu sein“, findet Köppel.

Da kommt der gut gelaunte Elber als Einwechselspieler vielleicht gerade recht – falls der Spielverlauf und das Ergebnis seinen Einsatz erfordern. Dass Elber in München zum Aufgebot gehört, verdankt er der Krankengeschichte eines Kollegen, dem es derzeit noch schlechter geht. Wesley Sonck, wie der Brasilianer seit der Winterpause in Gladbach, kommt auch nicht voran. In der Vorbereitung hatte er einen viel versprechenden Eindruck hinterlassen – bis er bei der Generalprobe gegen den PSV Eindhoven 17 Minuten nach seiner Einwechslung einen Rippenbruch erlitt, der ihn für die nächsten fünf Wochen außer Gefecht setzt. So bleiben im Sturm nur zwei etablierte Kräfte: Routinier Oliver Neuville und sein Juniorpartner Vaclav Sverkos, der bei den Fans überaus beliebt ist.

Giovane Elber liefert nur ein besonders auffälliges Beispiel für das Gladbacher Schicksal, dass gerade die namhaften Zugänge die Mannschaft nicht voranbringen, weil sie noch immer oder schon wieder verletzt sind. Ziege, Böhme, Sonck und Elber: Sie alle traten besonders als Patienten in Erscheinung. Die Rangordnung innerhalb des Teams haben diese vermeintlichen Führungskräfte bisher wenig beeinflussen können. Mit Blick auf die Hierarchie seien die Ausfälle „nicht gut für die Mannschaft“, sagt Köppel. Zukäufe hält er derzeit nicht für eine Lösung. „Mönchengladbach im Jahr 2005 ist nicht die Adresse wie in den Siebzigerjahren, als jeder dorthin wollte.“ Und Köppel selbst dort spielte.

Mangels eigener Stärke bleibt nur die Frage, ob der Gegner vielleicht Schwächen zeigt. Die Bayern haben einen strapaziösen Ausflug nach Asien hinter sich, der besonders die Nationalspieler in ihrer ohnehin kurzen Vorbereitung gestört hat. Doch darauf will Köppel sich nicht verlassen. „Wenn es bei den Bayern läuft, können sie sogar müde sein. Aber wir wollen uns wehren.“ Sich allerdings bloß wehren zu wollen, hat in München in der Vergangenheit den wenigsten Gegnern geholfen. Ein wenig Chuzpe gehört dazu, den Rekordmeister zu verunsichern. Für diesen Part könnte Elber der richtige Mann sein.

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