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Sport: Wie die Nationen kicken: Über das Verhältnis zwischen Landschaft und der Art des Fußballspielens

Der Engländer David Winner hat ein Buch über das Verhältnis zwischen der niederländischen Landschaft und unserer Art des Fußballspielens geschrieben. Wir scheinen mit dem Raum erfinderisch umzugehen.

Der Engländer David Winner hat ein Buch über das Verhältnis zwischen der niederländischen Landschaft und unserer Art des Fußballspielens geschrieben. Wir scheinen mit dem Raum erfinderisch umzugehen. Die Oranje-Recken hätten dank der Beschränkungen ihres Lebensraums eine eigene, originelle Feldbesetzung entwickelt. Vor einiger Zeit meinte ein deutscher Journalist, dass unser Fußball sich aus dem Kampf gegen das Wasser entwickelt hat. Seiner Ansicht nach stammt der Totalfußball von Michels direkt davon ab. ("Nach vorne!" - um die erste Sturmflut zu brechen.) Ich dachte immer, dass Jan Klaassens die Grundlage allen niederländischen Fußballs ist. Jan Klaassens spielte 57 mal im Oranjeteam, hat felsenfeste Hüften, schwere Beine, Gumibändchen im Haar, ist klatschnass vor Schweiß. Spitzname: das traurige Arbeitstier.

Lange Zeit stimmte das. Bis Cruijff, Van Basten, Vanneburg und Bergkamp auftraten und der niederländische Fußball etwas von lateinischer Schönheit bekam. Die Dribbelkunst und Ballbeherrschung unserer größten Spieler ist unerreicht. Sollte das an der Lage des Landes, seiner Städte, Polder und Weiden liegen? Ich habe vielmehr das Gefühl, dass die Sprache den Fußball beeinflusst. Ein Engländer formuliert rau und ein Italiener zierlich - was man dann auf den Spielfeldern wiederfinden müsste. Auch keine sehr solide These. Es liegt am Gras.

In Brasilien haben sie Halme, die viermal so breit und so dick sind wie bei uns. Trockenes Mistgras. Verlangt eine völlig andere Technik. Wenn man einen Ball behandeln will, muss man ziemlich derb mit ihm umgehen. Daher der typische brasilianische toucher de balle. Wir stoßen, sie peitschen. In Afrika haben sie Sand. Darum spielt Kanu Fußball, wie er Fußball spielt. Wirbelnd. Cruijff, Rensenbrink, Gullit, Van Basten und Bergkamp sind Ausnahmen, die die Regel bestätigen: Der niederländische Fußball wird auf fetter Erde gespielt.

Jan Mulder

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