zum Hauptinhalt

Sport: Wie ein rechter und linker Schuh

BERLIN .Die Pferde lassen sich nicht mehr zügeln.

BERLIN .Die Pferde lassen sich nicht mehr zügeln.Von wegen Absprachen und Geschenke beim Sechstagerennen.Etwa nach dem Gleichheitsgrundsatz, daß schließlich jeder seine Brötchen unter dem Hallendach verdienen möchte.Die "Könige der Nacht" von einst (Rik van Steenbergen, Gerrit Schulte, Patrick Sercu, Peter Post, René Pijnen oder Danny Clark) können darüber Geschichten erzählen.Ganz im Gegensatz dazu die Cracks von heute.Wie sonst wäre zu erklären, daß die Schweizer Bruno Risi/Kurt Betschart in dieser Saison schon bei drei Sixdays (Herning, München, Zürich) triumphieren konnten."Wer etwas kann, wird akzeptiert", sagt Otto Ziege, der es - seit 1959 im Organisations-Geschäft und vorher selbst bei über 20 Rennen im Sattel - schließlich wissen muß.Dem Sportlichen Leiter des 88.Berliner Sechstagerennens macht niemand etwas vor."Die beiden Eidgenossen sind wieder eine Klasse für sich." 22 Siege haben sie seit dem Winter 1992/93 eingefahren, rangieren damit in der ewigen Bestenliste zwar hinter den Deutschen Kilian/Vopel (29), aber schon vor van Steenbergen/Severeyns (Belgien), Post/Pfenninger (Holland/Schweiz), Clarke/Doyle (Australien/England/je 19), Merckx/Sercu (Belgien), Clark/Allen (Australien/je 15) und Post/Sercu (14).

Das erfolgreichste Sechstage-Duo der letzten 50 Jahre reißt die Medien im Alpenland zu Superlativen hin.Als "Alpen-Tornados", "Gotthard-Expreß" und "Uri-Stiere" wurden beide bezeichnet.Und eigentlich kein Veranstalter wagt es, die zwei mit jeweils anderen Fahrern in die heißen Nächte zu schicken."Sie gehören zusammen wie ein rechter und ein linker Schuh", sagt Otto Ziege."Siamesische Zwillinge zu trennen, ist selbst in der modernen Medizin mit großem Risiko verbunden." Es versteht sich von selbst, daß Risi/Betschart - mit Nummer sieben auf dem Buckel - heute im Velodrom erneut gemeinsam ihr Glück versuchen.Der "Ausrutscher" im Oktober 1998 in Fiorenzuola/Italien, als Risi mit Giovanni Lombardi gewann und Betschart mit Ivan Cerioli Vierter wurde, soll die Ausnahme gewesen sein."Wir fahren zusammen oder gar nicht", lautet ihr Rütli-Schwur.Und daß diesmal mit besonderer Motivation, denn in Berlin konnten sie noch nicht gewinnen.Ziege erklärt es so: "Wir hatten schließlich sechs Jahre Pause nach der Sportpalast- und Deutschlandhallen-Zeit, bevor es im Velodrom wieder losging." Die Ränge vier und sechs waren seitdem ihre Ausbeute an der Spree.

Spektakuläre Aktionen, Solo-Rundengewinne und Millimeter-Sprints - die beiden in Erstfeld im Innerschweizer Kanton Uri geborenen Profis stehen mit ihrem Können dafür.Wer so viele Gemeinsamkeiten aufzuweisen hat wie diese beiden, bei denen muß die Harmonie stimmen.Gleiches Geburtsjahr (1968), Sternzeichen (Jungfrau), Geburtsort, Verein und der Profiübertritt im selben Jahr sind schon ungewöhnlich viele Doubletten, aber längst nicht alles: Risis Schwester Barbara ist mit Betschart liiert.Zu einer Überkreuz-Liaison soll es aber nicht auch noch kommen, denn Betschart bezeichnet seine Schwester als "anderweitig vergeben".Nur in der Vor-Sixdays-Zeit drifteten beide auseinander.Risi war Amateur- und Profi-Weltmeister im Punktefahren, Betschart brachte es "nur" auf Landestitel in der Mannschaftsverfolgung.

Etwas getrübt dürfte die Freude der Schweizer auf die Berliner Sechstage-Show allerdings sein."Am liebsten gewinnen wir im Finale gegen Martinello/Villa", hatte Risi nach dem Endkampf-Erfolg über die Italiener in Zürich getönt.Aus der Wiederholung kann nichts werden, nachdem Martinello kurzfristig hatte passen müssen.Die Schweizer werden sich schnell neue "Opfer" aussuchen.Darauf kann man sich verlassen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false