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Sport: Wie eine neue Trainer-Generation den Glanz afrikanischer Ballkünstler für die eigene Karriere nutzen will

Wenn er so dasteht, den Kopf geneigt hält, sein Lächeln aufzieht, das ihm die Grübchen in die Wangen treibt, dann sieht Giuseppe Dossena ein wenig aus wie James Dean. Verlegen und doch durchtrieben.

Wenn er so dasteht, den Kopf geneigt hält, sein Lächeln aufzieht, das ihm die Grübchen in die Wangen treibt, dann sieht Giuseppe Dossena ein wenig aus wie James Dean. Verlegen und doch durchtrieben. Und es waren denn auch zwei Botschaften, die der Italiener im Accra Sports Stadium unter das Fußball-Volk bringen wollte: Wir haben ein Problem, aber ich kann es lösen.

Die Katastrophe war einen Torstrich entfernt. 0:2 hatte die ghanaische Nationalmannschaft ihr letztes Gruppenspiel gegen die Elfenbeinküste verloren. Ein Gegentor mehr und der Afrikacup-Gastgeber wäre in der Vorrunde ausgeschieden, was die umgehende, unehrenhafte Entlassung von Nationalcoach Dossena nach sich gezogen hätte. Es wäre das abrupte Ende einer fein ausgedachten Karriereplanung gewesen. Für Dossena soll Ghana das Sprungbrett zu höheren Weihen sein.

Der 41jährige, einstige italienische Nationalspieler steht stellvertretend für eine neue Trainer-Generation. Junge Fußball-Lehrer aus Europa gehen zielgerichtet nach Afrika. Ein Engagement auf dem schwarzen Kontinent ist für sie keine Strafexpedition sondern ein potentieller Karriere-Beschleuniger. Gestern Provinz, heute afrikanische Nationalmannschaft, morgen ein Millionenvertrag in Lecce, Marseille, oder Schalke. Fest steht: Der Trainer, der am 13. Februar in Lagos den Titel holt, hat einen gutdotierten Arbeitsplatz in Europa sicher.

Wie Dossena hofft auch Pierre Lechantre auf die werbende Wirkung der Afrikameisterschaft. Der Franzose, der vor einem Jahr die Nationalelf Kameruns übernahm, macht keinen Hehl daraus, bei einem lukrativen Angebot aus Europa Kamerun Kamerun sein zu lassen. Lechantre, der vor drei Jahren noch einen Fünftligisten in Paris trainierte, will es seinem Vorgänger Claude Leroix nachtun. Der wurde nach Erfolgen mit Kameruns Elf vom französischen Erstligisten Racing Strasbourg abgeworben.

Auch Henri Michel will zurück in die Heimat. Das sagt der Trainer Marokkos nicht, aber seine Augen verraten es. Für den früheren französischen Nationalcoach ist Afrika die Möglichkeit, auf die internationale Bühne zurückzukehren. Mit Marokko will er im Konzert der Großen mitspielen. Der Afrika-Cup soll nur ein Intermezzo sein. Das große Ziel heißt WM 2002.

Ob Michel die Mannschaft in die Qualifikation führen darf, ist allerdings fraglich. Nach durchwachsenen Vorstellungen gegen Kongo und Tunesien droht beim Afrika-Cup das Vorrundenaus. Michel kennt die Mechanismen: "Wenn du in Afrika gewinnst, bist du der Heiland, wenn du verlierst, bist du der Teufel." Das bekam zuletzt Gottlieb Göller zu spüren. Der deutsche Trainer Togos wurde nach einem Streit mit dem Verbandschef entlassen. Die Erwartungen an europäsiche Trainer sind auch deshalb so hoch, weil sie viel Geld verdienen. Nigerias niederländischer Trainer Johannes Bonfrere streicht ein Jahresgehalt von 600 000 Mark ein. Vorbei sind die Zeiten, in denen Billiglohn-Trainer verpflichtet wurden. "Die in Europa spielenden Profis respektieren nur einen Trainer, der ähnlich viel Geld wie sie verdient", sagt Hedi Hamel, Chefredakteur des Fachmagazins "Afrique Football".

Leidtragende dieser Wechselbeziehung sind die afrikanischen Trainer. Für sie gelten keine europäischen Maßstäbe. Afrikaner werden afrikanisch, sprich: schlecht, bezahlt. Hinzu kommt, dass es nicht nur Spieler sondern auch Verbandsobere am gebotenen Respekt mangeln lassen. Einheimische Trainer gelten den Funktionären häufig nur als ausführendes Organ eigener Genialität.

Dass unter diesen Umständen sechs der 16 Nationalmannschaften beim Afrika-Cup in Ghana und Nigeria von Afrikanern gecoacht werden, hält "Afrique Football"-Chef Hamel für "einen großen Fortschritt". Vor zehn Jahren saßen noch fast ausnahmslos Europäer auf den Trainerstühlen. Und mittlerweile haben es Afrikaner gelernt, sich in ihren Schleudersitz zu verkrallen. Martin Tia Gbonk, Coach der Elfenbeinküste, ließ es nach dem Vorrundenaus gänzlich an Demut mangeln. Stolz sei er auf seine Mannschaft, die Ghana beim 2:0 wie Fußball-Schüler habe aussehen lassen. Die schwachen beiden ersten Auftritte seines Teams belegten doch nur seine These: "Wir brauchen Zeit."

Thomas Hollmann

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