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Großer Schritt. Maximilian Mittelstädt (rechts) ist gerade auf dem Sprung in Herthas Bundesliga-Mannschaft. Von seinem Talent wird schon lange geschwärmt.

© Bernd König/Imago

Wie Hertha BSC aus Fehlern lernt: Maximilian Mittelstädt und sein Weg zum Profi

Von den vielen Talenten bei Hertha BSC sind zu wenige oben angekommen. Maximilian Mittelstädt wird deshalb behutsam auf die Karriere als Profi vorbereitet.

Maximilian Mittelstädt hat eine Woche der Extreme hinter sich: Am vergangenen Samstag hat er vor mehr als 40.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion gespielt, er hat mit Hertha BSC 2:0 gegen Eintracht Frankfurt gewonnen und dabei das zweite Tor mit einer feinen Flanke vorbereitet. Drei Tage später verlor er mit einer Nachwuchsauswahl des Berliner Fußball-Bundesligisten im sogenannten Premier League International Cup 1:5 bei Swansea City – vor 926 Zuschauern. Maximilian Mittelstädt sagt, für ihn habe das keinen großen Unterschied ausgemacht. Ihm ist nur „wichtig, dass ich Spielpraxis kriege“. Wo, gegen wen und vor wie vielen Zuschauern, das ist erst einmal zweitrangig.

Mittelstädt, der in zwei Wochen 20 wird, bewegt sich bei Hertha BSC gerade in einem Zwischenreich: Er ist noch kein gestandener Profi, aber auch kein Nachwuchsspieler mehr. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr hat er sein Debüt bei Herthas Profis gegeben. Inzwischen kommt der U-20-Nationalspieler auf neun Pflichtspiele, fünf Startelfeinsätze und zwei Torvorlagen für die Berliner. „Er hat einen richtigen Schritt Richtung Männerfußball gemacht“, sagt sein Trainer Pal Dardai.

Wirklich überraschend ist das nicht für Leute, die sich ein bisschen auskennen. Mittelstädt ist eines jener Talente, über die schon in jungen Jahren geraunt wird: Da gibt es einen, der könnte mal … Für den Boulevard ist er „Herthas größter Schatz“ oder das nächste „Supertalent“. Gemessen daran hätten ihn viele sogar schon ein bisschen weiter erwartet. „Wir haben ihn langsam an die Bundesliga herangeführt: Erst war er im Kader, dann wurde er eingewechselt, inzwischen stand er in einigen Spielen in der Startelf“, sagt Dardai. Zwischendurch hat Mittelstädt auch mal für die U 19 oder die U 23 gespielt. Er selbst hat das nie als Rückstufung empfunden, sondern als Teil eines konsistenten Plans, der sich jetzt auszuzahlen beginnt.

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„Mit Maxi haben wir es sehr gut hingekriegt. Er hatte immer den Traum, Profi zu werden. Dafür hat er hart gearbeitet“, sagt Dardai. „Er ist das beste Beispiel für unsere Talente.“ Gerade das aber ist er nicht – weil es in der Vergangenheit oft anders gelaufen ist und sich die Erwartungen viel zu selten erfüllt haben. Dardai hat in diesem Zusammenhang noch mal auf Hany Mukhtar verwiesen, der hoch gelobt worden war, aber selten spielen durfte – und schließlich entnervt die Flucht ergriff.

Wie Mukhtar erging es vielen: Auch Jerome Kiesewetter, Abu Bakarr Kargbo, Anthony Syhre und Farid Abderrahmane durften als Jugendspieler schon mit den Profis ins Trainingslager. Doch so schnell, wie sie nach oben gespült wurden, sind sie auch wieder verschwunden.

Mittelstädt hat schon mit 17 bei den Profis trainiert

Auch für Mittelstädt kam die Beförderung zu den Profis aus dem Nichts. Er war siebzehneinhalb, U-19-Spieler und hatte nie zuvor Kontakt mit der ersten Mannschaft gehabt, als er an einem trainingsfreien Montag mit seiner Freundin beim Essen saß und auf dem Handy die Nummer seines U-19-Trainers Michael Hartmann erschien. Mittelstädt war im ersten Moment richtig geschockt. „Warum ruft der jetzt an?“, fragte er sich. „Habe ich was verpeilt?“ Hatte er nicht, er sollte nur am nächsten Morgen beim Training der Profis erscheinen. Als Mittelstädt abends ins Bett ging, „habe ich mir alle Wecker gestellt, die ich auftreiben konnte“ – aus Angst, er könnte verschlafen.

Trainer war damals Jos Luhukay. In dessen letztem Spiel stand Mittelstädt zum ersten Mal im Profi-Kader. Im Abstiegskampf unter Pal Dardai wurde er dann nicht mehr berücksichtigt. Trotzdem sei die Erfahrung wichtig gewesen, sagt Mittelstädt. Weil der Traum, Profi zu werden, plötzlich „gar nicht mehr so unrealistisch war wie zuvor“ und er jetzt wusste: „Der Trainer kennt mich“. Entsprechend selbstbewusst kehrte er zur U 19 zurück.

Es gibt Trainer, die glauben, man müsse Talente einfach ins kalte Wasser schmeißen – und dann schauen, ob sie schwimmen können. Pal Dardai gehört nicht dazu. „Was sagt man denn dem Spieler, wenn es schief geht?“, fragt er. „Erklärt man ihm dann: Du bist nicht gut genug?“ Der Ungar ist ein Freund eines systematischen Aufbaus, so wie er es bei Mittelstädt praktiziert, so wie er es mit Jordan Torunarigha vorhat, der vor kurzem ebenfalls in der Bundesliga debütiert hat – und wie er es selbst erlebt hat, als er mit 16 schon mit den Profis trainieren durfte. „Ich weiß, wie schwer das ist, wenn man als Bester seines Jahrgangs gilt“, sagt Dardai.

Im August ist Mittelstädt mit der Fritz- Walter-Medaille in Bronze ausgezeichnet worden; die Goldmedaille in seinem Jahrgang hat Benjamin Henrichs bekommen, der längst Stammspieler bei Bayer Leverkusen ist und inzwischen sogar in der A-Nationalmannschaft debütiert hat. „Ich bin nicht ungeduldig“, sagt Mittelstädt. Außerdem hat man ihm bei Hertha von vornherein gesagt, „dass man mich langsam heranführen will“. Eigentlich sei er zufrieden, wie es bisher läuft. „Ich habe gezeigt, dass ich eine Option bin“, sagt er. Und das obwohl die interne Konkurrenz auf seinen Positionen, links defensiv oder links offensiv, mit Marvin Plattenhardt und Salomon Kalou nicht die schlechteste ist. In der vergangenen Saison hatte er auch noch den gestandenen Johannes van den Bergh vor sich. Dass dessen Vertrag im Sommer nicht verlängert wurde, „hat mir noch mal einen Push gegeben“. Es hat ihm gezeigt: „Die vertrauen mir wirklich.“

Wenn der kleine Maxi früher als Grundschüler in die Freunde-Bücher seiner Mitschüler eintragen sollte, was sein größter Traum sei, hat er immer geschrieben: „2018 mit der deutschen Nationalmannschaft die Weltmeisterschaft gewinnen.“ Maximilian Mittelstädt lacht. „2018 wird eng“, sagt er. „Aber wenn es 2022 klappt, könnte ich auch damit leben.“

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