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Mit freundlichen Grüßen nach Istanbul. Mesut Özil traf zum ersten Tor für Deutschland – und auch ein bisschen für die Heimat seiner Vorfahren. Foto: dpa

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Sport: Wie im Fluge

Der deutschen Nationalmannschaft gelingt mit dem 3:1 gegen Belgien auch der zehnte Sieg im zehnten Spiel

Mats Hummels probierte es einfach mal. Er drehte sich um seine Achse, wand sich an seinem Gegenspieler vorbei und spielte dann mit seinem schwächeren linken Fuß einen tödlichen Pass in den belgischen Strafraum. Der Ball kam schnittig in die Tiefe, so schnittig, dass er ungebremst ins Toraus schlidderte. Man konnte Hummels trotzdem nicht böse sein. Wenn scheinbar alles funktioniert, darf sich auch ein kantiger Abwehrspieler mal an kleiner Kunst versuchen. Dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gerade einen Lauf hat, war auch am Dienstagabend in Düsseldorf wieder zu sehen. Mit einem letztlich ungefährdeten 3:1 (2:0)-Erfolg schloss sie die Qualifikation zur Europameisterschaft in Polen und der Ukraine ab – und sicherte sich noch einen historischen Rekord. Zehn Siege in zehn Qualifikationsspielen hat es für eine deutsche Mannschaft nie zuvor gegeben.

„Wir wollte eine Botschaft nach außen geben: Die Deutschen bleiben dran“, sagte Bundestrainer Joachim Löw. Diese Botschaft dürfte in Europa angekommen sein.

Die Partie begann so, wie es zu erwarten war: Die eine Mannschaft attackierte früh, kombinierte ansehnlich und spielte ein schneidiges Pressing; die andere wirkte vor 48 483 Zuschauern unter dem Druck fast ein bisschen hilflos, bolzte die Bälle planlos nach vorne – es war die deutsche Mannschaft. Vielleicht lag es daran, dass Löw sein Team im Vergleich zum Spiel in der Türkei auf fünf Positionen verändert hatte: Höwedes, Hummels, Schürrle, Özil und Kroos rückten für Boateng, Badstuber, Podolski, Götze und Schweinsteiger in die Startelf. Vielleicht lag es aber auch daran, dass es für die Belgier um mehr ging als die Ehre. Die Gäste, die nicht nur gegen Deutschland spielten, sondern auch im Fernduell gegen die Türkei um Platz zwei, stürzten sich regelrecht in die Partie. Doch ihr anfänglicher Eifer verlor sich bald im luftleeren Raum. Von 4:0-Ecken zu Beginn des Spiels abgesehen führten ihre Bemühungen zu nichts.

Die deutsche Defensive wirkte in dieser Phase keineswegs sicher, aber wie schon am Freitag in der Türkei bestach die Mannschaft durch Effizienz. Nach einer guten halben Stunde hatten die Deutschen die Angelegenheit unter Kontrolle, und gleich ihr erster klarer Angriff über Thomas Müller und Mario Gomez hätte die Führung verdient gehabt. Gomez aber scheiterte an Belgiens Torhüter Simon Mignolet. Die anschließende Ecke, die erste für das deutsche Team, führte zum 1:0. Mesut Özil traf mit einem wuchtigen Schuss genau unter die Latte. Es war nicht nur ein Tor für Deutschland, sondern auch eins für das Land, aus dem Özils Vorfahren stammen. Obwohl es zwischen der Türkei und Aserbaidschan zu diesem Zeitpunkt noch 0:0 stand, waren die Türken an Belgien vorbei auf Platz zwei vorgerückt. „Es freut mich, dass ich auch der Türkei helfen konnte“, sagte Özil später.

Der nächste Treffer folgte nur drei Minuten nach dem ersten – von André Schürrle. Nach einer Ecke der Belgier schaltete die deutsche Mannschaft in rasendem Tempo um, über Özil und Gomez landete der Ball bei Schürrle, und der überwand den belgischen Torhüter mit einem Lupfer zum 2:0. „Unsere Qualität ist es eben, Tore aus dem Nichts zu machen“, sagte Schürrle nach dem Spiel. Der Leverkusener entwickelt sich, auch wegen seiner Treffsicherheit, immer mehr zur ernsten Konkurrenz für Lukas Podolski.

Die zweite Hälfte war kaum angepfiffen, da war für die Belgier auch die letzte Hoffnung dahin. Nach einer prächtigen Kombination traf Gomez mit einem Linksschuss von der Strafraumgrenze zum 3:0. Der Anschlusstreffer der Belgier, fünf Minuten vor dem Schluss, kam zu spät. Marouane Fellaini traf nach einer Ecke per Kopf. Auch im neunten Spiel hintereinander kassierte die Deutschen damit ein Gegentor – was nicht nur Schlussmann Manuel Neuer „sehr ärgerlich“ fand.

Als aus der belgischen Kurve plötzlich Anfeuerungsrufe ertönten, deutete dies auf eine Sensation hin – in Istanbul. Das Gerücht aber, dass die Türken in Rückstand geraten waren, erwies sich als haltlos. Sie siegten vielmehr 1:0. Fremde Hilfe durften die Belgier an diesem Abend nicht erwarten. Nicht von den Aserbaidschanern. Vor allem nicht von den Deutschen.

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