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© dpa

Sport: Wie man die Tour de France nicht gewinnt

Der Rennstall Silence-Lotto setzte auf die falschen Fahrer. Als Helfer für den Star Cadel Evans, der zuletzt zweimal Tour-Zweiter war, wurden Bernhard Kohl und Thomas Dekker geholt - beide flogen mit Doping auf.

Aufrüsten im Radsport ist nicht einfach. Es ist eine Frage des Geldes, eine Frage der Moral und eine der Risiko-Abwägung. Der Rennstall Silence-Lotto hat in diesem Spiel hoch gepokert – und herbe Verluste eingefahren. Der Star des Teams, der Australier Cadel Evans, ist zuletzt zwei Mal Zweiter der Tour de France geworden. 2007 hat ihn Alberto Contador knapp geschlagen. 2008 hatte Carlos Sastre das bessere Ende für sich. Beide Male war der Sieg auch deshalb an die Konkurrenz gegangen, weil die ihrem jeweiligen Star eine stärkere Mannschaft zur Seite gestellt hatte. Contador hatte Männer wie Leipheimer und Popowitsch um sich. Sastre konnte auf die Schleck-Brüder, Fabian Cancellara und Jens Voigt setzen. Evans hatte lediglich solche Kapazitäten wie den dreifachen Tour-Letzten Wim Vansevenant zur Verfügung.

„Die Mannschaft war nicht schwach“, behauptet zwar Silence-Lottos Teamchef Marc Sergeant. „Jeder der Fahrer war hoch motiviert. Jeder hat im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Bestes gegeben.“ Aber deren Möglichkeiten waren eingeschränkt. Kein Lotto-Fahrer konnte Evans in den Alpen und Pyrenäen taktische, moralische und auch ganz praktische Unterstützung wie etwa das berühmte Wasserholen geben.

Beim dritten Anlauf sollte sich dies ändern. Silence-Lotto startete eine Einkaufsoffensive. Sehr viel Geld war nicht vorhanden. „Wir sind nicht in einer solch glücklichen Lage wie die da“, sagt Sergeant und weist mit ausholender Geste auf den hinter ihm geparkten Bus des Teams Astana, für das unter anderem Contador und Lance Armstrong fahren.

Aber etwas Spielraum für die Verpflichtung neuer Helfer in den Bergen ermöglichte der Sponsor, der sein Geld mit dem Dauerbrenner der Antischnarchgeräte verdient. Gekauft wurden Bernhard Kohl und Thomas Dekker. Der erste flog kurz nach Vertragunterzeichnung mit dem Blutdopingmittel Cera auf. Der zweite trainierte sechs Monate mit dem Team. „Thomas Dekker machte Fortschritte in dieser Zeit. Er verbesserte sich im Zeitfahren und war gut in den Bergen. Er war auch mental auf einem guten Weg“, sagt Sergeant. Doch auch Dekker flog kurz vor der Tour mit Doping auf, das er noch im Vorgängerteam Rabobank praktiziert hatte.

„Es ist ein Drama“, sagt Sergeant. Tapfer fügt er hinzu: „Es ist gut, dass die Betrüger auffliegen.“ Doch einen Rat, wie man, ein sauberes Team aufbauen kann – vorausgesetzt einer wollte dies tatsächlich – hat auch der Belgier nicht.

Für seine aktuellen Fahrer – unter ihnen neben Evans auch der Erfurter Sebastian Lang, der mal gesagt hatte, lieber wieder als Krankenpfleger arbeiten zu wollen, als sich am Doping zu beteiligen – legt Sergeant die Hände ins Feuer: „Es wird bestimmt noch weitere Dopingfälle geben. Aber von uns ist keiner dabei.“ Er will sogar glauben machen, dass das Misstrauen, das die Blutwerte von Thomas Dekker bei den Dopingfahndern geweckt haben, ausgerechnet durch die Unterschiede zwischen 2008 und 2009 verursacht worden waren. Also: Nur weil Dekker – vielleicht – sauberer trainierte, wurde er schärfer kontrolliert und flog deshalb bei der Nachkontrolle alter Urinproben auf. Doper wären demnach also gezwungen, weiterzudopen, nur damit sie unauffällig bleiben. Mal sehen, wann dies in der verrückten Welt des Radsports als Ausrede fürs Weiterdopen herhalten muss.

Die Etappe am Sonntag gewann der Brite Mark Cavendish vom Team Columbia im Massensprint.

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