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Maik Franz, 31, absolvierte bisher 90 Bundesligaspiele und steht seit Sommer 2011 bei Hertha BSC unter Vertrag. Im Dezember des vergangenen Jahres zog sich der Verteidiger einen Kreuzbandriss zu. Foto: dpa

© dpa

Sport: „Wie neu laufen lernen“

Maik Franz über sein Comeback, Herthas Fehlstart und die Tugenden, die es für den Aufstieg braucht.

So will Hertha spielen:

Sprint – Ndjeng, Franz, Lustenberger (Brooks), Schulz – Ben-Hatira, Kluge, Niemeyer, Knoll – Allagui, Wagner

Herr Franz, Herthas Trainer Jos Luhukay hat angekündigt, dass Sie heute im DFB-Pokal bei Wormatia Worms in der Startelf ihr Comeback geben, 260 Tage nach Ihrem Kreuzbandriss. Wie groß ist die Freude?

Riesig, fast unbeschreiblich! Ich habe achteinhalb Monate gearbeitet, um wieder an dieses Niveau heranzukommen. Da gibt es Phasen, wo du denkst: Mann, das dauert ja ewig. Aber ich habe hart trainiert und alles hat gut geklappt.

Sind Sie denn wieder richtig fit?

Es ist klar, dass da noch was fehlt. Man kann jetzt nicht von mir erwarten, dass ich hundert Prozent Zweikämpfe gewinne. In einigen Situationen, etwa bei Kopfbällen, fehlt noch das Timing. Das kriegt man nur über Spiele rein. Das ist wie neu laufen lernen.

Wie muss man sich das vorstellen?

Als ich vor drei Wochen zum ersten Mal Torschusstraining hatte, ging erst mal gar nichts. Vor dem ersten Schuss habe ich mich gar nicht getraut, den Ball nach einer Ecke zu schnippeln. Aber beim zweiten Mal wurde es besser. Oder der Trainer sagt: Maik, spiel mal einen langen Ball! Und man denkt: Hey, warte mal lieber ab, ob das schon geht. Aber es ging. Genau wie beim ersten richtigen Sprint, wenn man nach all den Dauerläufen wieder richtig durchzieht – oder wenn es im Zweikampf zum ersten Mal knallt. Das ist alles im Kopf abgespeichert.

Was können Sie der Mannschaft geben?

Ich war lange weg, da will ich keine großen Sprüche klopfen. Noch habe ich gar nicht gespielt. Ich bin abergläubisch und möchte den Ball erst mal flach halten. Danach gibt es dann Dankesreden (lacht).

Wie war es, beim Abstieg nur zuschauen zu können?

Es gibt schönere Zeiten. Klar, ich würde lieber in einer Woche mein erstes Pflichtspiel machen, beim Erstligastart. Als es nicht lief und die Mitspieler geklagt haben, habe ich ein-, zweimal versucht, mich einzubringen. Aber was sollte ich sagen? Ich hatte ja selbst ein Problem, das ich lösen musste, das all meine Energie in Anspruch nahm.

Viele Fans sagen, mit einem Typ wie Maik Franz, der sich wehrt und der den Mund aufmacht, wäre man nicht abgestiegen.

Davon gab es einfach zu wenig. Aber man muss vorsichtig sein, es gibt unterschiedliche Typen. Die einen tragen so etwas mehr nach außen, die anderen weniger. Aber in schwierigen Situationen muss man auch mal über seinen Schatten springen. Doch zurückschauen ist jetzt fehl am Platz, wir wollen aufsteigen.

Den neuen Trainer Jos Luhukay, eigentlich ein freundlicher Zeitgenosse, hat die Mannschaft schon zur Weißglut gebracht. Wie kam das an?

Er war einfach enttäuscht und direkt. Das war gerechtfertigt und authentisch. Jetzt haben wir gesehen, dass er auch ein anderes Gesicht hat, das wir nicht mehr so oft erleben wollen. Weil wir dann gewinnen.

Hertha ist bisher noch ohne Siege gestartet. Wo liegen die Anpassungsprobleme?

Abstiege sind immer hart, jetzt müssen wir uns auf ganz andere Gegner einstellen. In der Bundesliga haben wir auf Konter gespielt, jetzt spielen wir Pressing, das ist ein komplett neues System. Wenn man zuletzt den FSV Frankfurt sah, die haben sich zu elft hinten reingestellt und uns ab der Mittellinie empfangen. Denen muss man gleich zeigen, dass da heute nichts geht.

Warum sind Sie bei Hertha geblieben?

Ich fühle mich wohl in Berlin, eine geile Stadt, tolle Leute, auch wenn es hier bisher nicht so gelaufen ist, wie ich mir das vorgestellt hatte. Aber soll ich woanders hinwechseln und wieder gegen den Abstieg spielen? Berlin hat Potenzial und gehört in die Erste Liga. Ich war auch verletzt, da muss man realistisch bleiben. Und mein Aufstieg damals mit dem Karlsruher SC ist mit meine schönste Profierfahrung, ein tolles Gefühl.

Sie gelten als Spieler, der auch gerne verbal provoziert. Rostet das nach der Pause ein, muss man sich das auch neu erarbeiten?

Nein, das ist abgespeichert, das hat man drin. Ernsthaft: Im Wettkampf hat man einfach Adrenalin und Power, dann will man unbedingt gewinnen, dann ist auch mal so etwas dabei. Aber in Maßen.

Die Gegenspieler werden sich also nicht freuen, dass Sie zurück sind?

Das hoffe ich (lacht).

Jos Luhukay bezeichnet Sie als Führungsspieler, Sie sind mittlerweile 31 Jahre alt, hatten zuletzt viel Zeit zum Nachdenken. Werden Sie irgendwann ruhiger?

Hören Sie auf mit ruhiger! Es war lange ruhig genug. Klar, am Ball will man souverän und abgeklärt sein. Aber man braucht auch Feuer, Geilheit und Aggressivität. Das alles brauchen wir, und wenn wir das als Mannschaft reinschmeißen, dann klappt es auch mit dem Aufstieg.

Das Gespräch führte Dominik Bardow.

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