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Sport: Wie schwammen sie denn?

Ralf Beckmann spricht gern über Lisbeth Lenton. Die Australierin überstand nämlich das Halbfinale über 100 m Freistil nicht, obwohl sie den Weltrekord über diese Strecke hält.

Ralf Beckmann spricht gern über Lisbeth Lenton. Die Australierin überstand nämlich das Halbfinale über 100 m Freistil nicht, obwohl sie den Weltrekord über diese Strecke hält. Beckmann, der Chef-Bundestrainer der deutschen Schwimmer, erwähnte gestern Lenton, weil ihre Pleite zeigt, dass die deutschen Schwimmer nicht allein spektakuläre Fehlschläge produzierten. Hannah Stockbauer, Franziska van Almsick, Sandra Völker, „klar sind das Enttäuschungen“, sagte Beckmann, „aber anderen Nationen ging es auch so.“ Und außerdem sehe die Bilanz ja gar nicht so schlecht aus: fünf Medaillen, eine silberne, vier bronzene – zwei Medaillen mehr als in Sydney vor vier Jahren.

Beckmann kann den Vergleich sogar noch ausbauen: 37 Athleten hätten bessere Zeiten erreicht als bei den Deutschen Meisterschaften, 16 Schwimmer und Schwimmerinnen haben persönliche Bestzeit geliefert, neun davon in einem Finale. „Gut, das ist zu wenig“, gab Beckmann zu, „es hätten zwölf bis 15 sein müssen.“ Doch deshalb sei der Verband noch lange nicht gescheitert.

Nur die eigentlich entscheidende Frage, die kann er immer noch nicht beantworten: Wie kommen diese unberechenbaren Leistungen zustande? Stockbauer, die fünfmalige Weltmeisterin, paddelt quasi in zwei Vorläufen ins Ziel, glänzt aber in der 4-x-200-m-Freistil-Staffel. Franziska van Almsick schwimmt auf Platz fünf über 200 m Freistil und erreicht dann mit der Lagenstaffel eine glänzende Einzelzeit. Die beiden Lagenstaffeln überragten zudem am letzten Wettkampftag mit zwei Europarekorden. Für Christian Keller, den Aktivensprecher, waren die Europarekorde schlicht „Trotzreaktionen auf das schlechte Medienecho zu Beginn der Wettkämpfe“. Da kämpften die deutschen Schwimmer vergeblich um Medaillen, was Ulrich Feldhoff, den Leistungssport-Verantwortlichen beim Deutschen Sportbund, veranlasste, vom Deutschen Schwimm-Verband „Konsequenzen“ zu fordern. Die harsche, öffentliche Antwort darauf lieferte gestern Christa Thiel, die Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbandes: „Er hat sich zu früh geäußert. Wir stehen uneingeschränkt hinter Ralf Beckmann.“

Beckmann will auf jeden Fall „Athen schonungslos analysieren. Da wird kein kritischer Punkt ausgenommen.“ Auf jeden Fall möchte er für die nächsten Olympischen Spiele die Staffeln stärken. Ein Extra-Projekt soll dafür eingerichtet werden. Ziel: „Sechs Staffeln im Finale, sechs Medaillen.“ Außerdem soll die Leistungsdiagnostik ausgebaut werden, für „ausgewählte Sportler“ jedenfalls. Auch jüngere Trainer möchte er in das Trainerteam der Nationalmannschaft aufnehmen. „Die sollen ruhig unbequeme Fragen stellen.“ Da werden ihnen einige einfallen.

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