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Sport: Wieder im Tritt

Der SV Werder wahrt seine Chance auf den Titel

Berlin - Andreas Neuendorf hatte nicht mitgespielt und doch irgendwie ein Bremer Trikot ergattert, mit dem er fröhlich schwatzend vom Rasen schritt. Als Souvenirjäger waren die Berliner gestern erfolgreicher denn in ihrem Kerngeschäft. Markus Rosenberg mochte sein Hemd nicht hergeben, nicht nach diesem vergnüglichen Nachmittag. Drei Tore in einem Bundesligaspiel schießt man nicht oft, erst recht nicht, wenn man so selten erste Wahl ist wie der Bremer Schwede, der zum Jahreswechsel aus Holland zu Werder gewechselt war. Rosenberg war im Uefa-Cup nicht spielberechtigt und fand nur schwer seinen Rhythmus. „Es war nicht einfach für mich, aber ich denke immer positiv“, sagte er.

Einen Hattrick hat er zuletzt in Schweden geschafft, das ist schon ein paar Jahre her, aber Rosenberg beharrte darauf, dass der 4:1-Sieg in Berlin kein Karrierehöhepunkt war, „ich hatte auch bei Ajax eine großartige Zeit“. Kein Wort davon, dass die Plastikschalen auf der Ersatzbank in Amsterdam genauso hart waren wie zuletzt in Bremen. Mit seinen schmalen Schultern und sehnigen Beinen ist Markus Rosenberg rein äußerlich ein ähnlicher Typ wie Miroslav Klose. Am Sonntag spielten sie gemeinsam von Anfang an. Rosenberg blieb 90 Minuten auf dem Rasen, Klose wurde kurz vor Schluss ausgewechselt. Die Fans in der Bremer Kurve pfiffen, und Thomas Schaaf sagte: „Miro hat sich bemüht, aber er hat die Chancen nicht genutzt, die sie ihm geboten haben.“ Mit „sie“ meinte der Bremer Trainer die Berliner Verteidiger, die Klose vergebens zur Beendigung seiner persönlichen Krise eingeladen hatten.

Rosenberg war nicht so wählerisch, und wahrscheinlich hat er sich selbst ein bisschen gewundert über Herthas ungelenke Abwehrversuche. Beim ersten Tor schauten van Burik und, grätschenderweise, Arne Friedrich zu. Beim zweiten rutsche Malik Fathi aus, beim dritten standen sie alle Spalier, mal abgesehen von Torhüter Fiedler. Sechs Tore hat Rosenberg nun schon erzielt, die Hälfte gestern in Berlin. Hertha war ein angenehmer Aufbaugegner, aber darüber verlor Rosenberg kein einziges Wort. „Wir sind wieder dran. Stuttgart und Schalke haben noch schwere Spiele.“

Dieser Sieg in Berlin war mehr als nur eine Gutschrift von drei Punkten in der Tabelle. Er gab den Bremern nach zuletzt drei Niederlagen das Gefühl der spielerisch leichten Überlegenheit zurück, mit der sie über weite Strecken der Saison aufgetrumpft hatten. Sie wussten, dass ihnen in den letzten drei Bundesligaspielen gegen Hertha, Frankfurt und Wolfsburg nur drei Siege weiterhelfen würden, und sie nahmen das Projekt mit einer Selbstverständlichkeit in Angriff, als hätte es den K.o. im Uefa-Cup nie gegeben. Und was war mit der inneren Zerrissenheit, die Werder nach der jüngsten Niederlage gegen Espanyol Barcelona vermeintlich befallen hatte? Torsten Frings winkte ab. „Das haben die Journalisten konstruiert. Alle Probleme haben die Journalisten konstruiert“, und natürlich könne der Meister nur Werder heißen, „da bin ich mir zu hundert Prozent sicher.“

Barcelona ist vergessen, nur das dumme 2:3 vor einer Woche in Bielefeld, ärgert die Bremer noch. „Wir wissen, dass wir da eine große Chance vergeben haben“, sagte Clemens Fritz. Trotzdem ist der Spaß am Spiel ist wieder da, vielleicht gerade noch zur rechten Zeit. Im Sekundentakt wies Fritz darauf hin, „dass wir jetzt alle Kräfte bündeln müssen“. Diese Kraft hat nachgelassen im Lauf einer anstrengenden Saison. „Wir sind alle kaputt“, sagte Frings und schloss mit einem Satz in der ihm eigenen Diktion: „Wir alle wissen, dass wir noch immer etwas unglaublich Supergeiles schaffen können.“

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