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Sport: „Wieder unschlagbar“

Franz Roth über den Start-Ziel-Sieg der Bayern in der Saison 1972/73 und Parallelen zu heute

Herr Roth, erinnern Sie sich noch an den ersten Spieltag der Saison 1972/1973?

Ich glaube, wir haben verloren und sind nicht so gut gestartet.

Ganz im Gegenteil, Sie haben 5:0 bei Rot-Weiß Oberhausen gewonnen und sind direkt auf Platz eins gelandet, wo sie bis zum Schluss auch geblieben sind. Haben Sie damals schon an einen Durchmarsch geglaubt?

Eigentlich schon, unsere Dominanz war doch zu spüren. Ich habe sogar gedacht, das sei auch bei einigen anderen Meistertiteln der Fall gewesen. Inzwischen weiß ich, das es das einzige Mal war.

Wie hat sich diese bayerische Überlegenheit ausgedrückt?

Man hat gespürt, dass unsere Gegner Angst hatten, wir waren immerhin in den siebziger Jahren fast vier Jahre im Olympiastadion ungeschlagen und wir hatten eine tolle Mannschaft. Wir haben teilweise mit unserem Gegner gespielt. Diesen Respekt muss man sich im eigenen Stadion erarbeiten. Aber umgekehrt hatten wir manchmal auch Angst, wenn wir nach Kaiserslautern, Duisburg oder Bremen fahren mussten – da haben wir damals selten etwas gewonnen.

Glauben Sie, dass die aktuelle Bayernmannschaft auch einen Durchmarsch wie anno 1972/73 hinlegen kann? Immerhin ist sie auch gleich am ersten Spieltag auf Platz eins gestürmt.

Das muss man abwarten. Erst nach fünf bis acht Spielen wird man das sagen können. Außerdem war immer mal wieder die Rede von der besten Bayernmannschaft seit den Siebzigerjahren, aber wir sind damals zusammen groß geworden. Wir waren fast sechs Jahre die dominierende Mannschaft mit drei Europapokalsiegen und vier Meistertiteln. Die jetzige Mannschaft ist das Produkt eines Umbruchs, allerdings ist da feinste Sahne zusammengekommen, und es sind Spieler, die sich wieder mit dem FC Bayern identifizieren.

Woran machen Sie das fest?

In den letzten Spielzeiten war es oft so, dass sich niemand mehr den Hintern aufgerissen hat, wenn es mal schlecht lief. Jeder war nur darauf bedacht, alleine zu glänzen. Aber um Erfolg zu haben, muss jeder für den anderen laufen. Ich glaube, das wird jetzt wieder der Fall sein.

Sehen Sie denn auch einen, der Ihre Nachfolge antreten könnte als jemand, der die wichtigen Tore schießt – wie Sie beispielsweise in den Europapokal-Endspielen?

Schwer zu sagen, zumal meine Stärke insbesondere die Distanzschüsse waren. Da sehe ich vor allem Bastian Schweinsteiger und auch Franck Ribéry als Kandidaten.

Werden die Bayern noch einmal vom ersten Platz verdrängt in dieser Saison?

Ich hoffe nicht. Es wäre doch schön, wenn das nach so langer Zeit mal wieder klappt. Möglich ist es mit der Mannschaft, wenngleich Rostock kein Maßstab war. Gerade in der Abwehr werden die Bayern sich bei besseren Gegnern noch abstimmen müssen.

Ist ein Durchmarsch vom ersten bis zum letzten Spieltag heute schwieriger als vor 35 Jahren?

Die Bundesliga ist viel ausgeglichener. Wir haben damals auch mal gegen kleinere Mannschaften verloren, aber ein Großteil dieser Spiele haben wir gewonnen. Diese Sicherheit hat man heute nicht mehr. Jeder kann jeden schlagen – nur den neuen FC Bayern dieses Jahr wohl nicht.

Das Gespräch führte Christian Tretbar

Franz Roth, 61, spielte von 1966 bis 1978 für den FC Bayern. Wegen seines strammen Schusses und seines körperbetonten Spiels trug der Mittelfeldspieler den Spitznamen „Bulle“.

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