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Sport: Wieder unter Strom

Fußball-Zweitligist Energie Cottbus praktiziert die alten Tugenden und plant schon mal vorsorglich für die Bundesliga

Von Karsten Doneck, dpa

Der Abend ist regnerisch-trübe. Aber dieser Mann leuchtet: gelbes Sweatshirt, gelbe Hose, gelbe Stutzen. Als mache da einer Reklame für die Paketautos der Post. Tomislav Piplica fällt auf, das Publikum des FC Energie Cottbus verehrt ihn. Schon als der Torhüter den Platz betritt, sind von den Rängen des Stadions der Freundschaft die Sprechchöre zu hören: „Pip-li-ca, Pip-li-ca“. Längst verziehen sind dem Bosnier die vielen Eskapaden aus nicht gar so fernen Zeiten, gipfelnd in dem berühmten Kopfballeigentor gegen Mönchengladbach, das Piplica zu einer Art „Narr des Monats“ gemacht hatte. Vorübergehend war Piplica als Nummer 1 im Energie-Tor abgelöst worden. Doch das ist graue Vergangenheit.

Viele Dinge sind wieder ins Lot gekommen in der Lausitz. Die tiefe Fußballdepression, begründet im Abstieg aus der Bundesliga 2003 und dem Fastabstieg aus der Zweiten Liga im vorigen Jahr, macht allmählich einer neuen Euphorie Platz. Mit dem 2:1-Sieg am Freitagabend über den SC Freiburg festigte Cottbus Platz drei: nur noch sechs Spiele bis zur Rückkehr in die Bundesliga.

„Wir müssen auf dem Teppich bleiben“, wiegelt Abwehrspieler Kevin McKenna ab. Das Spiel gegen Freiburg bewies indes: Cottbus ist wieder Cottbus, wie es kämpft und kraftmeiert. Es sei „ein Sieg der Moral, der Leidenschaft, des größeren Willens“ gewesen, lobte Trainer Petrik Sander den Erfolg über spielerisch elegantere Freiburger. Die Energie-Tugenden aus den Bundesligajahren sind wiederbelebt worden: Fußball wird beim FC Energie wieder als echte Knochenarbeit begriffen, die Kunst sollen gefälligst andere zelebrieren.

Der Aufstieg 2000 galt als Wunder. Die Eckdaten für das zweite Wunder stehen. Die neue Klubführung um Präsident Michael Stein hat beim DFB einen Lizenzantrag eingereicht, in dem der Etat für die Erste Liga bei 19 Millionen Euro liegt. Der Trikotsponsor, passend zum Vereinsnamen ein Unternehmen aus der Energiebranche (Envia), hat gerade erst den 2002 geschlossenen Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert. „Das gibt uns Planungssicherheit zur Erlangung der Lizenz“, sagt Stein. Der Konzern soll für das eine Jahr angeblich 1,2 Millionen Euro bezahlen. Eine längerfristige Vereinbarung mit dem Unternehmen scheiterte. Energieunternehmen im Allgemeinen haben zuletzt durch ihre Preisgestaltung heftige Kritik hervorgerufen. „Als Energiedienstleister stehen wir unter erhöhtem Druck, wir können ein mittelfristiges Engagement nicht mehr eingehen“, sagt Karl-Heinz Klawunn, Vorstandsvorsitzender beim Sponsor.

Beim FC Energie bleibt Sparen oberstes Gebot. Vor einem Jahr lag der Schuldenstand, laut „Lausitzer Rundschau“, bei 4,5 Millionen Euro. Das hat Folgen. „Fast alle Spielerverpflichtungen müssen ablösefrei sein“, fordert Ulrich Lepsch, Vorsitzender des Verwaltungsrats im Klub. Und: „Einen Riesenumbruch wie in den Jahren zuvor wird es diesmal nicht geben.“ Lepsch sieht auch Probleme bei der Auswahl der Spieler: „Wir wissen kurz vor Saisonende ja nie, in welcher Liga wir im nächsten Jahr spielen.“

Tomislav Piplica, der am Mittwoch 37 wird, hütet wohl weiter das Tor des FC Energie. Sein Vertrag bis 2006 beinhaltet eine Option zur Verlängerung – spielerseitig. Die Energie-Fans wird es freuen. Jemand von der Haupttribüne schenkte Piplica nach dem Freiburg-Spiel eine Flasche Sekt. Piplica revanchierte sich: Er gab sein Trikot dafür her – das gelbe.

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