zum Hauptinhalt
Der BFC ist wieder da - und 2500 Fans im Sportforum auch.

© Tobi

Willmanns Kolumne: Die Feierbiester des BFC Dynamo sind zurück

Aufgestiegen aus Ruinen: Der BFC Dynamo hat den Fluch der Unaufsteigbarkeit endlich besiegt und am Karfreitag seine Auffahrt in den Fußballhimmel zelebriert.

Der Berliner Fußball Club Dynamo ist wieder da. Nach Jahrzehnten des Niedergangs hat die Mannschaft um den türkischstämmigen Trainer Volkan Uluc den Sprung in die Regionalliga Nordost geschafft. Rekordverdächtige achtundzwanzig Punkte Vorsprung auf Platz zwei bedeuten bereits sieben Spieltage vor Saisonende den Aufstieg. Karfreitag im Sportforum Hohenschönhausen war für die rund 2500 anwesenden Fans des Vereins kein Trauertag.

Der BFC besiegte den Fluch der Unaufsteigbarkeit und fuhr geradewegs in den Fußballhimmel. Obgleich der Aufstieg bereits eine Woche feststand, griffen sich die Fans pausenlos an die Nasen. War es vielleicht doch nur ein böser Traum? Argwohn schien angebracht. Bislang legte der  BFC in allen Spielzeiten früher oder später eine Bauchlandung hin. Die weinroten Fans kniffen sich und kniffen sich. Erst als die Nasen schön blutig waren, glaubten auch die letzten Pessimisten wieder an die gute Fee.

Die guten Feen des neuen BFC heißen Peter Meyer, Volkan Uluc, Kevin Meinhardt. Meyer sorgte für das finanzielle und organisatorische Fundament. Uluc und Meinhardt stellten die bärenstarke Meistermannschaft zusammen. Der Kapitalismus kann also auch für den BFC endlich so schön sein! Die Mannschaft verlor in der Oberliga kein Spiel. In Freundschaftsvergleichen wurden die Regionalligisten Neustrelitz, Jena und Herthas U23 abgerichtet.

Im Pokal kickt der BFC Anfang Mai gegen Viktoria Berlin um den Einzug ins Finale des Berlinpokals. Optimaler geht’s kaum. Und macht Fans und Verein Hoffnung für die kommende Regionalligasaison. Dort üben sich derzeit Jena und Magdeburg in der Kunst der Brotlosigkeit. Das pfiffige Neustrelitz führt die beiden Europapokalfinalisten am Nasenring. Bitterer Nordosten, hier muss dringend eine Bluttransfusion her! Warum nicht vom BFC?

Wie BFC-Chef Peter Meyer kundgab, wird es zur neuen Saison noch einige Überraschungen geben. Wird der Club die dritte Berliner Kraft? Die wollten Türkiyemspor, Viktoria, Tennis Borussia und der Berliner AK auch schon mehrfach sein. Großspurig neue Ziele verkünden kann jeder. Was spricht für den BFC? 1. Seine Fanbasis 2. Nach 25 Jahren beharrlichen Tiefschlafes dürfte der Klub gut ausgeruht sein. Die letzten versprengten Feierkobolde in BFC-Kluft wurden demzufolge noch Ostersonntag in Hohenschönhausen gesichtet.

Der alte Rivale 1. FC Union ist dem BFC Dynamo längst enteilt

Die Fans sangen zur Aufstiegsfeier von der Bundesliga, vom Europapokal und vom alten Feind. Der alte Feind lastet bleischwer auf den geschundenen Hohenschönhausener Fanseelen. Er hat ihnen seit 1989 sportlich jahraus jahrein die lange Nase gezeigt. Er rauschte im schicken Opel vorbei, als der klapprige BFC-Trabi am Straßenrand den Geist aufgab. Er heißt 1. FC Union Berlin und kickt erfolgreich in der Zweiten Liga. Zu Hertha BSC hat Dynamo ein recht entspanntes Verhältnis. Auch weil beide Clubs sportlich kooperieren. Union und BFC sind hingegen wie Feuer und Wasser. Wie Cowboy und Indianer. Traumschiff und Titanic.

Der beiderseitige Hass ist bis in die Spitzen der Vereine gewaltig. Der geneigten Stadionbesucherin werden in der nächsten Saison zwei hoch brisante Derbys in den Schoß fallen. Falls der 1. FC Union seine zweite Mannschaft nicht aus der Regionalliga abmeldet. Kann alles geschehen. Das sogenannte U23-Team ist laut DFL-Beschluss ab nächster Saison für Profiklubs nicht mehr verbindlich vorgeschrieben. Warum also ein teures Zweitteam am Leben erhalten, das außer Unkosten nichts abwirft? Die mögliche Befreiung der Regionalligen von allen Zweitteams als Fußballrevolution? Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen haben ihre Zweitteams bereits über den Jordan gesemmelt. 

Rückkehr an die alte BFC-Erfolgsstätte - im Prenzlauer Berg

Der BFC-Fan ist nicht unbedingt als lammfromm verschrien. Bei brisanten Spielen schießen gestörte Spielverderber wie Schimmelpilze aus dem Boden. Ein ernsthaftes Problem. Dem der Club gemeinsam mit seiner Fanszene zu begegnen versucht. Auch deshalb wird der BFC aus dem Sportforum Hohenschönhausen an seine alte Spielstätte im Prenzlauer Berg zurückkehren. Dort begann Ende der Siebziger der Höhenflug des BFC, der ihm viele Jungs aus den dort lebenden Arbeiterfamilien als Fans zuführte.

Nun ist der Prenzlauer Berg von 2014 kein Arbeiterbezirk mehr. Wo 1978 Braunkohle die Luft schwängerte, patrouillieren heute in Biomärkten und netten Cafés die Geschwader des Mittelstands. Ob sich aus diesem Milieu neue Fans rekrutieren lassen, wird uns die Zukunft zeigen. Vielleicht empfinden die „Prenzlberger“ den BFC als Retro und gerade wegen seiner Vergangenheit als chic? Die jungen Menschen von heute müssen sich ja auch irgendwie verorten. Trägt der BFC-Fan der nahen Zukunft Röhrenhosen, Stoffbeutel und Vollbart? Ich weiß es nicht. Wie auch. Kann ja nicht Hellsehen.

Die aktuelle Fanszene des BFC ist tatsächlich ambivalent. Kürzlich erschien die zehnte Nummer des BFC-Fanzines "Zugriff" als CD. Vierunddreißig schicke Tracks. Neben Lesebühnencrack Ahne hören wir viel Punk und Ska-Musike. Die bunte Mischung vereint Ultras, Altfans und selbstverständlich Erich Mielke, der 25 Sekunden lang über Skinheads und Grufties schwadroniert. Das läuft naturgemäß unter Ironie. Denn nur wer sich selbst zum Besten hält und mit seinem Image wie mit einem alten Latsch Fußball spielen kann, lacht zuletzt. 

Zur Startseite