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Der Fußball in göttlichen Händen? Wenn's mal so wäre...

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Willmanns Kolumne: Franziskus und die Revolution 2015

Frank Willmann widmet seine letzte Kolumne des Jahres der Fifa und ihrer Prinzengarde. Für 2015 hat Willmann auch schon ein paar gute Vorsätze - und gibt die gleich mal weiter an die Fußballobrigkeit.

Papst Franziskus zeigt dieser Tage der Römischen Kurie, wo der Beelzebub lauert – in ihren eigenen Reihen. Nach tausendjährigem Schlaf meldet sich Petrus Stellvertreter zurück. Das ist ein kleines Wunder. Alldieweil Franziskus, eigentlich getollschockt vom Marsch durch die katholischen Instanzen, nur noch Mürbeteig im Hirn haben müsste.

Diese Kolumne widme ich der FIFA und ihrer Prinzengarde. Manche Prinzen sind Engel, manche von ihnen wissen es gar nicht. Wahrscheinlich gibt es da draußen einen aufrechten FIFA-Menschen, einen  franziskusschen Schläfer, der seine wahre Bestimmung übermorgen offenbaren wird. Wenn sie über ihn kommt. Im Mai, wenn der Flieder blüht. Er wird sich räkeln auf seiner Schläfermatratze. Seine Flügel ausfahren. Die Flügel werden zitternd fächern. Er wird beginnen zu verstehen. Es wird sein wie in Homeland. Der Befreier des Fußballs wird sich möglicherweise noch einmal schütteln. Irritiert blinzeln. Dann die Arme hochkrempeln und wahlweise den Besen oder die Uzi schwingen.

Ihr merkt bestimmt, ich habe die Feiertage zu intensiven Studien einiger netter Schriften genutzt. Thomas Pynchons Verschwörungskriminalkomödie Bleeding Edge hat mir die Sinne geschärft und die Position des Hauptfeindes neu sortiert. Der 7. Band der Erich-Mühsamtagebücher (er sitzt nach gescheiterter Münchener Räterepublik im Knast und betrachtet sich als Gefangener der SPD (aber sind wir das nicht alle) hingegen eichte meine innere Bereitschaft, mit dem Holzhammer zu dichten und die Bundesliga rechts liegen zu lassen.

Es gib kaum einen Menschen, der die FIFA für eine saubere Organisation hält

Nichts ist so uferlos wie der menschliche Egoismus - dicht gefolgt von seiner Schlechtigkeit. Diese empirisch gewonnenen Weisheiten der Fußballwelt fanden sich 2014 als Hoeneß- und Blatter-Sahnehäubchen in der allgegenwärtigen Heuchelsuppe. Hoeneß wurde für seine Sünden ein wenig bestraft. Blatter noch nicht. Aber wir haben ja, wie bereits oben erwähnt, unseren Schläfer. Er heißt im Übrigen nicht Theo Zwanziger. Der verschwindet im Mai aus dem FIFA-Ex. Ex wie Exekutivkomitee. Mai. Homeland. Transhumanismus. Der Prediger des Todes. Man landet unweigerlich bei Friedrich Nietzsche.

FIFA 2014 ist schwarze Kasse, Korruption, Erpressung, Bestechung, hundertfacher Bauarbeitertod in Katar. Es gib kaum einen Menschen, der die FIFA für eine saubere Organisation hält. Trotzdem bleibt sie an der Macht. Wieso? Die im Hintergrund, die so genannten Sponsoren, diese ganze Lobbybande. Diese Leute sind zufrieden mit der Arbeit ihrer Funktionäre. Ein Funktionär war noch nie im Widerstand. Er ist dazu da, den Motor am Laufen zu halten. Sie sind die Schmiermittel des FIFA-Motors. Und bitte fragt nicht nach all den Spielern, Spielerfrauen, Trainern, Beratern, Hofberichterstattern, den Vip-Schranzen und Vip-Mitessern der großen, reichlich gedeckten Fußballtafel. Keiner von denen sägt am Stuhl Blatters. Der ist so lange nicht morsch, wie er nützlich ist. Erst wenn  einer der GGJ (Ganz Großen Jungs) mit den Fingern schnippt, ist es aus mit dem kleinen, neuerdings gern öffentlich tanzenden Schweizer Napoleon.

In der Parallelgesellschaft Bundesliga sind Außerirdische am Werk

Gut, ich weiß, die Meisten von euch interessieren sich nicht für diesen Kleinkram. Und eine Kolumne soll ja auch großen Lesespaß bereiten. Da diese Knallfrösche aber die Spitzten unserer Fußballgesellschaft darstellen, muss ich leider noch mal nachtreten. Ich schnüffle perfide Netzwerke und Lobliederdichtung. Blatter & Co. sind ausgestattet mit der Fähigkeit, ihren Opportunismus mit hehrer Gesinnung  schönzureden. Den Rest besorgen die Hätschelkinder, verdiente Exfußballer mit weiten Taschen, die Beckenbauers dieser Welt, die selbst dann im Katar keine unmenschlichen Arbeitsbedingungen sehen, wenn direkt vor ihrer Nase ein Bauarbeiter vom Gerüst fällt. Möchte ich mich hier in etwas hineinsteigern? Klar möchte ich das!

Gute Vorsätze für das neue Jahr sind perfekt. Damit dieses neue, saubere Jahr nicht sofort im schmutzigen Sermon des alten verschwindet. Was von der Bundesliga 14 übrig bleibt: Ein dreister Hauptschüler ohne Führerschein (Poldi war`s nicht). Neuer ist in allem schuld. Klopp weint. BreitnerRummenigeSammerGejammer – Bayern ist reif. Marcel Reif. Der alte Schweizer ist im November fünfundsechzig geworden. In der Parallelgesellschaft Bundesliga sind Außerirdische am Werk, hat Mourinho neulich getratscht. Was wäre eigentlich, wenn arme Menschen, anstatt sich dumm und dämlich zu arbeiten, bei Bundesligaspielern abholen, was sie selbst zu wenig haben? Na gut, das war jetzt nicht nett und müffelt nach Freiheit, Gleichheit usw. Die kann es im Fußball (und überhaupt) nicht geben, das würde den Leistungsgedanken und den Wettbewerb in der Bundesliga empfindlich stören. Welchen Wettbewerb? Den um die Plätze zwei bis vier? Momentan ist es in den Fußballlaberzentren en vogue, von Gier zu labern. Egal ob Journaille, Spieler oder Trainer – alle setzen den Dünnbrettbohrer an und schwärmen von der unendlichen Gier. Anschaulicher kann man den Fußballbetrieb nicht darstellen.

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