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Peter Pacult hat mit RB Leipzig den Aufstieg in die Dritte Liga verpasst.

© dpa

Willmanns Kolumne: RB Leipzig: Der Erfolg muss warten

Das ist mal ein Ding. Rasenball Leipzig rennt auch nächste Saison in der vierten Liga dem großen Fußball hinterher. Unser Kolumnist Frank Willmann schwankt zwischen Mitleid und klammheimlicher Freude.

Liebe Fußballgemeinde, die TurboMastGans Rasenball Leipzig bleibt uns ein weiteres Jahr in der Regionalliga erhalten. Die ostdeutschen Rasenballer beherrschen die Kunst auch mal Nein zu sagen aufs Vollkommenste. Am letzten Wochenende verspielten sie in Leipzig die letzte Chance zum Aufstieg gegen die berühmte Mannschaft VfL Wolfsburg II.

Wolfsburg ist gespickt mit unerfahrenen Jungspielern. Rasenball ein Gemisch meist ausgemusterter deutscher Erst-und Zweitligakicker, mit österreichischen Einsprengseln. Auch der aktuelle Trainer kommt aus dem bergigen Land unterhalb von München und brachte wohl in der Alpenrepublik schon einige lokale Kuhglocken zum Schwingen.

Die singende und schwingende Kuhglocke hat als Leipziger Fanartikel mit ziemlicher Sicherheit ausgedient. RB Deutschland ist streng auf Erfolg ausgerichtet ist. Bisher landete noch jeder Trainer, der die Vorgaben des Mutterschiffs nicht erfüllte, auf dem Kompost.

Kann sich eine international erfolgreiche Marke mit Versagern schmücken? Was sollen denn die Red-Bull-Trinker davon halten? Die wollen eins sein mit Sebastian Vettel und anderen Erfolgsmenschen unserer kunterbunten Werbewelt. Die Trinker sind immerhin nicht irgendwer, sie sind die Z-I-E-L-G-R-U-P-P-E. Und Zielgruppe ist immer Bundesliga. Nebenher bezahlt Zielgruppe auch Bundesliga. Vor Saisonbeginn wurden von RB dreizehn neue Spieler verpflichtet. Das immerwährende Füllhorn Red Bull garantiert eigentlich Vorfahrt auf ewig im deutschen Fußball.

Na gut, derzeit nicht ganz. Eigentlich gar nicht. RB flügellahm. Bald toll? Sicher! Mit den richtigen Leuten. Vielleicht nächstes Jahr. Spätestens übernächstes. Oder doch besser RB Berlin als zweites Standbein? Berlin scheint mir als Standort ideal. Ähnlich am verdorrten Ruhm alter Tage mümmelnd, trotzdem Klappe ganz weit auf - maulmäßig Mourinho-Niveau.

Nochtrainer Pacult wurde von Rapid Wien wegverpflichtet. Dort war er bis April 2011 Coach. Dann trapsten Nachtigallen durch Wien. Am 11. April 2011 löste Rapid wegen "massiven Vertrauensbruchs" das Arbeitsverhältnis. Knapp ein Jahr später soll er  am 8. April 2012 nach dem 2:1-Sieg bei St. Pauli II einen gegnerischen Fan mit "schwule Sau" beschimpft haben. Bezeugt wird das ausgerechnet von einem BILD-Redakteur. BILD und Red Bull, das klingt nach Entenhausens Dagobert.

Pacult hat das Ziel verdaddelt. Man wird ihn alsbald wiegen und als zu leicht befinden. Zu schlecht für die vierte Liga, wie sein Vorgänger Oral, mit dem er gern verwechselt wird. Oral heuerte im November in der Zweiten Liga bei Ingolstadt an und hielt mit dem FCI die Klasse.

Geldverdienen ist das oberste Gebot bei RB

Na sowas! Ist bei RB am Dauerversagen denn nicht der Trainer schuld? Würde RB selbst unter Herrn Klopp nicht aufsteigen? Hakt es woanders. Wen haben wir da noch. Das Management, die Mannschaft, Marketing, die Fans. Das Marketing hat erhöhtes Fangewimmel als Zielvorgabe. Da ist RB inzwischen Spitze in Leipzig. Die Jugend geht gern zu RB, neulich in Magdeburg sah ich eine erste Ultragruppe bei RB. Gegen Wolfsburg waren über 7000 Zuschauer im Stadion. Wenn es tatsächlich zahlende Zuschauer waren, ist das eine nicht zu verachtende Größe. Bleiben Mannschaft und Management. Die Mannschaft ist ein teures Schmuckstück im grauen Amateuralltag.

Das Management bezeichnet Personen die Leitungsfunktionen in Unternehmen ausführen. Sie verfügen (außer im Fußball, siehe RB, Hertha, Köln usw.) über Managementkompetenzen. Aufgabe des Managements ist die Erfolgskontrolle. Bei RB sollen irgendwo sieben Hanseln sitzen, die ab und zu die Flügel heben dürfen. 

Letztes Jahr sagte Union Berlin auf Grund massiver Fanproteste ein Freundschaftsspiel ab. Trau keinem RB-Verantwortlichen, selbst wenn er Gaben bringt? Versagte das Management oder die Marketingabteilung? Oder hat die böse Presse Schuld auf sich geladen? Vereinfachen wir die Sache und sagen verstehbar: MA ist dran schuld. Ihr habt das Ding versemmelt.

Hier möchte ich den vielbeachteten Dichter Klaus Cäsar Zehrer zitieren: 

…Du hast das Ding versemmelt

wie nur je einer ein Ding versemmelt hat

Du hast das Ding versemmelt

als hätte es gegolten, den Begriff des Versemmelns ins Bild zu setzen

Du hast das Ding versemmelt

obwohl es schwerer war, dieses Ding zu versemmeln, als keine Satire zu schreiben

Du hast das Ding so dermaßen versemmelt

dass sich jedem Betrachter unweigerlich die Frage aufdrängt:

Ja, wieso versemmelt der denn das Ding?...

Ich habe verstanden!

RB wurde nicht gegründet um mehr Getränkedosen zu verkaufen und Geld damit zu verdienen. RB wurde gegründet um Geld nach dem guten, alten Gießkannenprinzip aus dem Fenster zu kippen. Gelddüngung Ost! Das nenn ich mal eine anarchische Evolution im deutschen Fußball! Auf so eine geniale Idee kann nur ein Österreicher kommen. Diese Entwicklung ist selbstverständlich für die Bundesliga gesamtwirtschaftlich egal, da sie davon nicht berührt wird. Auch klaut RB keinem anderen Leipziger Team einen Platz im Elysium. Der Fußballstandort Leipzig bleibt erst-, zweit- und drittligabefreite Zone. RB hemmt auch nicht die Ausbildung von Talenten. Im Ernst, welches ostdeutsche Talent möchte schon bei einem konstanten Viertligisten umherirren? RB ist keine Revolution im deutschen Fußball. RB ist ein deutliches Zeichen für Realsatire. Ausschließlich zu Marketinginteressen gegründet, hat sich die Konzernleitung entschieden ab sofort Fußball-Comedy zu produzieren. Geniales Konzept. Sat1 berichtet ab Juni jeden Tag live. Ein prosperierender Markt, wie schon einige unabhängige Wirtschaftsgroßgeister ungefragt prognostizierten.

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