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Stoßgebet: Andy Murray konnte die nationale Tragödie gegen Fernando Verdasco gerade noch abwenden.

© afp

Wimbledon Championships: Andy Murray verhindert die nationale Tragödie

Nach einem Tennis-Krimi über fünf Sätze gegen Fernando Verdasco trifft Andy Murray im Halbfinale von Wimbledon auf den Polen Jerzy Janowicz. Seine Fans erwarten nicht weniger als den Heimsieg des Briten.

Andy Murray pustete so tief durch, wie er es schon sehr lange nicht mehr getan hatte. Und mit ihm atmeten die 15.000 Zuschauer auf den Rängen des Centre Courts und die anderthalbtausend Fans draußen vor der Videowand auf dem Hügel von „Henman Hill“ auf – eigentlich atmete ganz Großbritannien auf. Denn es hatte nicht viel gefehlt, dann wäre jener Spieler, auf den sich all ihre jahrzehntelang unerfüllten Hoffnungen stützten, im Viertelfinale von Wimbledon ausgeschieden. Das wäre einer nationalen Tragödie gleichgekommen, mehr noch in einem Jahr, in dem die Favoriten gleich reihenweise auf der Strecke geblieben waren und die Chance auf die ersehnte Trophäe nie größer war. Doch Murray wendete das Schlimmste ab und bezwang Fernando Verdasco nach einem dreieinhalbstündigen Krimi mit 4:6, 3:6, 6:1, 6:4 und 7:5. „Gratulation Andy – aber bitte tue uns so etwas nie wieder an“, titelte der „Daily Telegraph“ erleichtert.

Die Zuschauer feierten Murray nach dem Matchball, so laut und so begeistert wie zuletzt nach seinem Gewinn der olympischen Goldmedaille vor einem Jahr. Das war für den 26 Jahre alten Schotten der erste große Sieg auf dem Rasen von Wimbledon gewesen, und der nächste sollte doch nun an diesem Sonntag folgen. Davon waren die Briten mehr denn je überzeugt, nachdem sich Rafael Nadal und Roger Federer vorzeitig aus Murrays Tableauhälfte verabschiedet hatten. Bis ins Viertelfinale war Murray ohne Satzverlust eingezogen, und auch Verdasco sollte eigentlich keine echte Hürde für ihn sein. Der Spanier war zwar vor vier Jahren mal die Nummer sieben der Welt und konnte Murray damals in seiner stärksten Phase bei den Australian Open schlagen. Aber an diesem Abend spielte der Linkshänder und Weltranglisten-54. so stark, wie seit Jahren nicht mehr.

„Andy, was machst du denn da?“, brüllte sich Murray an, als er plötzlich mit 0:2 in den Sätzen hinten lag. Verdasco hatte mit hoher Quote aufgeschlagen, sofort enormen Druck aufgebaut. Murray dagegen unterliefen besonders aus dem Halbfeld viele Fehler. „Zum Glück bin ich dann nicht hektisch geworden“, sagte Murray später. Mit dem frühen Break im dritten Durchgang wurde er sicherer, doch schon im vierten Satz schnellte der Puls der Fans bei seinen Aufschlagspielen wieder hoch. Jeden Breakball Verdascos wehrte Murray mit knallharten Servicewinnern ab und nutzte dann selbst einen Wackler des Spaniers.

Andy Murray bei den Wimbledon Championships: Der fünfte Satz gegen Verdasco wurde zum Nervenspiel

Beim Stand von 5:5 im fünften Satz gewann Murray schließlich eine furiose Rallye von 20 Schlägen, und Verdasco ließ sich von der berauschenden Atmosphäre der Fans danach aus dem Konzept bringen. Murray gelang das Break und der erzitterte Sieg. „Ich habe alles gegeben, bin jedem Ball hinterhergejagt und noch durchgekommen. Ich bin einfach nur glücklich.“

Seinen nächsten Gegner, Jerzy Janowicz, hatten die Gefühle nach seinem Sieg sogar völlig übermannt. Als er seinen polnischen Landsmann Lukasz Kubot mit 7:5, 6:4 und 6:4 bezwang, war er danach fast zusammengebrochen. Zitternd brachte der 22-Jährige zunächst kein Wort heraus, wirkte wie benommen.

Als erster Pole war der hochgewachsene Weltranglisten-22. in ein Grand- Slam-Halbfinale eingezogen und hatte dabei 29 Asse und 56 Winner gegen Kubot geschlagen. Erst vor einem Jahr gab Janowicz als Qualifikant in Wimbledon sein Debüt auf der Grand-Slam-Bühne, nun schreibt er bereits Geschichte. „Ich bin der glücklichste Mensch der Welt“, sagte er, als er seine Sprache wiedergefunden hatte.

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