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French Open - Haas und Federer

© dpa

Wimbledon: Federer vs. Haas: Mein alter Freund

Federer und Haas haben sich gegen die Jungen durchgesetzt und spielen um den Finaleinzug in Wimbledon. Die beiden fühlen sich aber nicht nur aus Generationsgründen verbunden.

Roger Federer liebt die Abwechslung. Nicht nur auf dem Tennisplatz, wo er mit seinem variablen Spiel seit beinahe einem Jahrzehnt die Konkurrenz dominiert – nein, das gilt ganz generell. „Ich mag eine gute Mischung“, sagt der wohl beste Tennisspieler aller Zeiten. Und weil Federer inzwischen zum 21. Mal hintereinander im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers steht, ist er ganz glücklich, dass es in Wimbledon diesmal recht abwechslungsreich gestaltet ist. „Zuletzt hieß es immer: Die Jungen gegen mich – und das ist auch ganz cool hin und wieder“, sagt der Schweizer, „aber ich mag es auch, gegen die Typen zu spielen, die schon da waren, als ich hochkam. Die sehe ich immer wieder gern.“

Mit Thomas Haas (31 Jahre) und Andy Roddick (26), der am Mittwochabend in fünf Sätzen den Generationskollegen Lleyton Hewitt niedergerungen hatte, hat der 27-Jährige nun gleich zwei alte Klassenkameraden aus der Jahrtausendwende in der Runde der letzten vier an seiner Seite. Von den Vertretern der nachfolgenden Semester ist lediglich der 22 Jahre alte Andy Murray übrig geblieben. Der Weltranglistenerste Rafael Nadal (23) musste seine Teilnahme wegen körperlicher Gebrechen absagen, der Weltranglistenvierte Novak Djokovic (22) war nach eigenen Angaben an seiner Nervosität im Viertelfinale gegen Haas gescheitert. Und an dem von Haas initiierten Serve-and-Volley-Spiel, das den Serben zur Weißglut trieb. Der Grund dafür ist Haas zufolge rein biologisch: „Wenn man älter wird, freut man sich über kurze Punkte.“

Auf das Duell mit dem Deutschen am Freitag (14 Uhr, live im DSF) freut sich Federer aber nicht nur, weil er den stabilen Aufbau der Alterspyramide bei den All England Championships im Auge hat. Mit Haas fühlt sich der Schweizer nicht nur aus Generationsgründen verbunden. „Wir sind sehr gute Freunde“, erzählt er, deshalb sei es schön, Haas wieder zurück auf dem Platz zu sehen. „Tommy hatte eine harte Zeit mit den ganzen Verletzungen, aber er hat sein Spiel wieder zusammengekriegt.“ Federer und Haas kennen sich schon sehr lange, „und wir sind immer gut miteinander ausgekommen“, sagt der Schweizer. In der letzten Zeit hat sich der Kontakt der beiden aber noch intensiviert. Ein Grund ist Haas’ Partnerin Sara Foster, die mit Federers Frau Mirka befreundet ist. Diese Frauenfreundschaft hat offenbar auf die Männer abgefärbt. „In den letzten Jahren trainieren wir noch viel mehr zusammen“, sagt Federer. Meistens gewinnt Haas die kurzen Übungsmatches, vermutlich weil er wie alle Trainingsgegner Federers dann besonders motiviert ist. In einem Turnierspiel wartet der Deutsche dagegen seit 2002 auf einen Sieg gegen seinen Freund.

Dabei hätte Haas diese unglückliche Serie um eine Linienbreite beinahe vor ein paar Wochen in Paris beendet. Von jenem denkwürdigen Ball schwelgen die beiden alten Kämpen vor der Revanche wie von seit Jahren verblassten Zeiten. Haas erinnert sich genau: Er führte im Achtelfinale 2:0 nach Sätzen, hatte im dritten Satz Breakball zum 5:4, „und dann kam diese tolle Inside-Out-Vorhand von Roger“. Federer wird gar philosophisch und behauptet, der Glaube habe in Paris den Unterschied gemacht, worauf sein Kumpel Haas ein bisschen ungläubig schaut. „Gut, dass er daran geglaubt hat, denn dieser Ball war schrecklich, schrecklich eng. Wenn er den nicht gemacht hätte, hätte ich fürs Match serviert.“ So aber klatschte der Ball auf die Linie und das Match kippte, „weil ich mental für eine Sekunde nachgelassen habe. Und wenn du das gegen ihn machst“, Haas schnippt mit den Fingern, „springt er auf dich rauf wie kein anderer Spieler.“

Dennoch, versicherte Haas glaubhaft, sei er froh darüber, dass Federer den Punkt gemacht und das Turnier gewonnen habe. „Als sein Freund weiß ich, was ihm das bedeutet hat. Jetzt hat er alle vier Grand-Slam-Titel.“

Nun könnte man meinen, dass sich eine gute Freundschaft durch eine ausgewogene Mischung aus Geben und Nehmen auszeichnet und demnach jetzt Federer mit Geben an der Reihe wäre. Haas wies jedenfalls schon einmal vorsichtig darauf hin, dass er seiner ersten Finalteilnahme bei einem Grand-Slam-Turnier nicht abgeneigt sei: „Aber es sollte besser schnell passieren, denn ich werde ja nicht jünger.“ Ob Roger Federer das Alter und die Abwechslung allerdings so sehr schätzt, dass er da freundschaftlich ein wenig nachhelfen würde, das hat er nicht gesagt.

Christian Hönicke[London]

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