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© dpa

Wimbledon-Finale verpasst: Thomas Haas unterliegt Roger Federer

Thomas Haas hat das Finale von Wimbledon verpasst. Der deutsche Tennisprofi verlor im Halbfinale gegen Favorit Roger Federer aus der Schweiz. „Tommy hat unglaublich gut gespielt", sagte Federer, der im Finale auf Andy Roddick trifft.

Mitte des dritten Satzes wanderte ein Lächeln über die Lippen von Thomas Haas. Er hatte soeben im Halbfinale des Tennisturniers von Wimbledon den großen Roger Federer der Lächerlichkeit preisgegeben. Der Deutsche war ans Netz gelaufen und hatte seinen Gegner mit affigem Schlägergefuchtel so irritiert, dass der einen leichten Ball ins Aus schob. „Ich habe nicht auf den Ball geschaut, weil ich dachte, Tommy berührt das Netz“, sagte Federer. Trotzdem musste auch er lachen, und so standen die beiden Freunde auf dem Centre-Court und grinsten sich an. Mehr Grund zum Lachen gab es zumindest für Haas dann allerdings nicht mehr: Der Deutsche stand dem Schweizer bei dessen Weg zurück auf den Wimbledon-Thron beim 6:7 (3:7), 5:7 und 3:6 nur etwas über zwei Stunden im Weg.

Gewinnt Federer am Sonntag nun auch noch das Endspiel gegen Andy Roddick, der sich im Halbfinale in vier Sätzen gegen Andy Murray durchgesetzt hat, würde er Titelverteidiger Rafael Nadal wieder von Platz eins der Weltrangliste verdrängen. Haas wird nach seinem unerwarteten Siegeszug immerhin wieder in die Top 20 zurückkehren. „Ich habe hier mein bestes Tennis gespielt und bin glücklich mit meiner Leistung“, sagte Haas, und auch sein Trainingsgefährte Federer bescheinigte ihm ein starkes Spiel: „Es war ein hartes Match. Tommy hat sehr gut gespielt.“

Federer ließ keinen einzigen Breakball zu

Diese Einschätzung ehrt den Schweizer, doch tatsächlich machte der Weltranglistenzweite eher den Eindruck, als habe er das Spiel die ganze Zeit unter Kontrolle gehabt. Zwar gelang es Haas ganz gut, mit seinem starken Aufschlag und häufigen Serve-and-volley-Einlagen zu schnellen Punkten zu kommen. Auf diese Weise hielt der Deutsche in seinem ersten Wimbledon-Halbfinale in allen drei Sätzen lange tapfer mit. „Weil er so gut aufgeschlagen hat, kam ich zu Beginn nicht mal in die Nähe eines Breaks“, sagte Federer. Doch wie schon vor ein paar Wochen bei den French Open war Federer einfach mental stärker: Er ließ im gesamten Match keinen einzigen Breakball zu und schlug in den entscheidenden Momenten erbarmungslos zu. Im ersten Satz nutzte er Haas’ kurze Aufschlagschwäche im Tiebreak, im zweiten zog Federer beim Stand von 6:5 für ihn kurz an. „Er hat einfach die erste Chance genutzt“, stellte Haas fast bewundernd fest. „Das Gleiche ist im dritten Satz passiert, als er mich bei 3:4 gebreakt hat. Manchmal machen diese winzig kleinen Punkte den Unterschied aus.“ Federer sei eben so erfahren in solchen Situationen, „da muss er nicht mehr viel nachdenken. Ich habe heute manchmal ein bisschen zu viel überlegt, was ich machen will, und das kann ein Fehler sein.“

Viel Zeit zum Nachdenken ließ ihm Federer nicht mehr, gleich den ersten Matchball verwandelte er. Der 27-Jährige steht damit zum siebten Mal hintereinander im Finale von Wimbledon und kann sich mit seinem sechsten Triumph am Sonntag den Titel zurückholen, den er im Vorjahr an Nadal verloren hatte. Nebenbei würde er mit seinem 15. Grand-Slam-Sieg als Rekordhalter an Pete Sampras vorbeiziehen.

Der 31 Jahre alte Haas dagegen verpasste es, zum ersten Mal in ein Grand- Slam-Finale einzuziehen. Dennoch wird er Wimbledon 2009 in guter Erinnerung behalten: „Es war toll, ich könnte nicht glücklicher sein.“ Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters sah er sich zum Schluss allerdings mit der unvermeidlichen Frage nach seiner Zukunft konfrontiert. Die beantwortete Haas mit dem gleichen Selbstvertrauen, mit dem er in den vergangenen Tagen den Platz betreten hatte. „Ob ich nächstes Jahr nach Wimbledon zurückkomme? Aber sicher!“

Christian Hönicke[London]

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