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Alles muss raus. Sabine Lisicki hat in Wimbledon wieder Grund zur Freude.

© dpa

Wimbledon: Sabine Lisicki: Vom Rollstuhl auf den Center Court

Die Berlinerin Sabine Lisicki war nach Verletzungen ganz unten – nun feiert sie in Wimbledon ein starkes Comeback.

Sabine Lisicki ließ ihren Tränen freien Lauf. Die 15.000 Zuschauer auf dem Center Court von Wimbledon jubelten ihr stehend zu, so laut, dass sich das Echo unter dem geschlossenen Dach überschlug. Die 21 Jahre alte Berlinerin hatte einen der größten Siege ihrer Karriere errungen. Keine Geringere als die amtierende French-Open-Siegerin Li Na hatte Lisicki so beeindruckend niedergekämpft, als hätte es ihre monatelange Leidenszeit im letzten Jahr nie gegeben. „Mir bedeutet dieser Sieg so viel, weil es so hart für mich war, wieder bei null anfangen zu müssen“, sagte Lisicki. Sie hatte sich zurückgemeldet auf großer Bühne. Und vielleicht würde sie den Erfolgsweg fortführen, der vor ihrer Verletzung so vielversprechend begonnen hatte.

Zwei Jahre ist es erst her, da lag man ihr hierzulande bereits zu Füßen. Lisicki hatte ihren ersten Turniersieg in Charleston gefeiert, über drei Jahre lang war das keiner deutschen Spielerin mehr gelungen. Endlich schien da eine zu sein, die dem darbenden deutschen Tennis neues Leben einhauchen könnte: ehrgeizig, talentiert und dazu noch hübsch. Lisicki hatte früh verkündet, dass Nummer eins der Welt werden zu wollen, die Nummer 22 war sie immerhin schon. Dem Erfolg ordnete sie alles unter, trainierte in der Bollettieri-Akademie in Florida und galt schnell als legitime Nachfolgerin von Steffi Graf. Nichts schien Lisicki auf dem Weg nach oben stoppen zu können.

Doch dann kamen die US Open 2009, und Lisicki stürzte so unglücklich in der zweiten Runde, dass sie mit dem Rollstuhl vom Platz geschoben werden musste – sie hatte sich eine schwere Knöchelverletzung zugezogen. „Das war der absolute Tiefpunkt für mich“, sagte Lisicki. An Tennis war lange nicht zu denken, sie rutschte bis auf Rang 230 ab. Lisicki war ganz unten angekommen. Statt großer Turniere spielte sie auf der zweitklassigen Challenger-Tour, quälte sich durch Qualifikationen. Kein Fahrservice, kein Catering, manchmal nicht einmal Ballkinder. Schlimmer noch war die Reaktion ihrer erfolgreichen Kolleginnen: Sie gingen nun grußlos an Lisicki vorbei. „Für mich war das noch mehr Ansporn zu sagen: ,Das will ich nicht mehr.’“

Vor drei Monaten habe es dann „klick“ gemacht, als sie in Miami endlich eine enge Partie wieder für sich entschied. Danach steigerte sie sich weiter. In Paris hatte sie die Topspielerin Wera Zwonarewa schon am Rande der Niederlage, bevor sie einen Schwächeanfall erlitt. Vor drei Monaten hatte man bei Lisicki eine Gluten-Unverträglichkeit festgestellt, die ihr das Essen von Pasta, Brot und Ähnlichem untersagt. Dass das für sie schädliche Mehl auch in Saucen eingerührt wird, hatte Lisicki in Paris nicht bedacht. „Ich habe es jetzt besser im Griff“, sagte Lisicki, „nur mein Berliner 'Vollkorn-Batzen' fehlt mir unheimlich“.

Mit Wimbledon erging es ihr ähnlich. 2009 war sie ins Viertelfinale gestürmt. Dass sie im vergangenen Jahr nicht dabei sein konnte, „brach mir das Herz“. In Birmingham holte sie nun überraschend den Titel – ihren ersten seit Charleston. „Ich habe immer an mich geglaubt“, betonte sie, „und bin noch stärker zurückgekehrt“.

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