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Schönes Paar. Novak Djokovic mit Trophäe.

© Reuters

Wimbledon-Sieg gegen Roger Federer: Novak Djokovic zieht mit Boris Becker gleich

Novak Djokovic ist in den entscheidenden Momenten besser als Roger Federer und zieht mit seinem dritten Wimbledon-Sieg mit Boris Becker gleich.

Roger Federer schüttelte verärgert den Kopf, er konnte es nicht glauben. Andrew Jarrett, der Oberschiedsrichter in Wimbledon, hatte ihm gerade erklärt, dass sich die Siegerehrung eine Weile verzögern würde. Das Dach über den Centre Court müsse erst geschlossen werden, das dauere eben. Federer war bedient. Dass er dieses Finale mit 6:7, 7:6, 4:6, 3:6 gegen Novak Djokovic verloren hatte, schmerzte ihn genug. Er hätte am Sonntag seinen achten Wimbledontitel gewinnen können, seine 18. Grand-Slam-Trophäe insgesamt, die er sich so gewünscht hatte. Das war sein großes Ziel. Und unzählige Optionen würden sich dem 33-jährigen Schweizer wohl nicht mehr bieten. Es war bitter, denn er hatte gut gespielt und doch verloren.

Federer wollte die Siegerehrung nur noch schnell hinter sich bringen, stattdessen zog sich die Qual in die Länge. Der Schweizer schulterte seine Taschen und verließ erst einmal den Centre Court und wurde dabei vom frenetischem Jubel und den stehenden Ovationen der 15.000 Zuschauer getröstet. In der Umkleide fanden dann auch Federers Trainer Stefan Edberg und Severin Lüthi aufbauende Worte für ihn. Und so hatte die Pause doch ihr Gutes, denn als Federer zurück auf den Centre Court kam, war die tiefste Enttäuschung schon verdaut. „Ich hätte gerne gewonnen“, sagte Federer, „aber ich kann trotzdem zufrieden sein, ich habe in diesem Turnier sogar besser gespielt, als erwartet. Novak war heute einfach besser.“

„Boris, wir stoßen nachher noch mit einem Bier an“

So war es der Weltranglistenerste aus Serbien, der glücklich den goldenen Challenge Cup küssen durfte. Zum dritten Mal bereits, und damit hatte Djokovic im teaminternen Duell mit seinem Trainer Boris Becker gleichgezogen. Der Deutsche hatte vor 30 Jahren erstmals auf dem heiligen Rasen triumphiert, nun war Becker mit seinem Schützling zum zweiten Mal als Coach erfolgreich. „Boris, wir stoßen nachher noch mit einem Bier an“, rief er dem 47-Jährigen auf der Tribüne zu, der lachen musste. Denn keiner auf der Tour lebt asketischer als Djokovic, alkoholfrei und nach strengster Diät.

Einen kleinen Bissen erlaubte er sich dennoch, nachdem er nach drei Stunden seinen ersten Matchball verwandelt hatte. Wie bei seinen beiden Siegen zuvor hockte sich Djokovic wieder auf den Rasen, riss ein paar Grashalme heraus und aß sie. „Zum Glück war es glutenfrei“, scherzte der 28-jährige Serbe, „ich bin froh, dass ich meine kleine Tradition hier fortsetzen konnte.“ Doch er hatte sein bestes Match im Turnierverlauf zeigen müssen, um Federer zu bezwingen. Der Schweizer hatte wohl das Pech gehabt, dass er bereits im Halbfinale gegen Andy Murray ein fast perfektes Match spielte. Besser ging es eben nicht. Wohingegen Djokovic einige heikle Momente in den letzten Runden überstehen musste und sich im Endspiel noch steigern konnte.

„Ich habe in den entscheidenden Momenten ein paar Mal die falsche Entscheidung getroffen“, erklärte Federer, „da war Novak heute stärker.“ Ihr insgesamt 40. Duell war eine Neuauflage des letztjährigen Finales, dass Djokovic in fünf Sätzen gewonnen hatte. Federer erwischte den besseren Start, ging mit dem Break im ersten Satz mit 4:2 in Führung. Doch mit zwei leichten Fehlern gab er es sofort wieder ab. Es war der erste Wendepunkt dieser Partie, denn von nun an steigerte sich der zunächst etwas zu passive Djokovic. Federer verpatzte den Tiebreak mit 1:7 und schien der verpassten Chance nachzutrauern. Die Zuschauer standen aber wie eine Wand hinter ihrem Liebling, und so trieben sie Federer im zweiten Tiebreak zu einer furiosen Aufholjagd. Sechs Satzbälle wehrte der Schweizer ab, bevor er seinen zweiten selbst zum 12:10 im Tiebreak nutzte – der Applaus explodierte.

Djokovic war im entscheidenden Augenblick besser

„Der Anfang des dritten Satzes war der wichtigste Moment“, meinte Becker hinterher, „Novak hat das gewittert, er ist ein Straßenkämpfer. Da hat Roger das Match verloren.“ Mit dem frühen Break zum 2:1 ging Djokovic in Führung, dann spielte ihm kurz darauf eine 20-minütige Regenpause auch noch in die Karten. „Der Regen kam zum schlechten Zeitpunkt", sagte dagegen Federer, „und weil sie so kurz war, war alles etwas hektisch.“ Der Schweizer kämpfte zwar weiterhin und zeigte, warum er der beste Rasenspieler aller Zeiten ist, doch Djokovic hatte in den wichtigen Phasen stets die bessere Antwort. Seinen neunten Grand-Slam-Triumph versüßten Djokovic zudem 2,5 Millionen Euro Preisgeld. Federer blieb dagegen nur das Lob von Björn Borg. „Ich habe Roger zuletzt vor zehn Jahren so gut spielen sehen“, sagte Borg.

Das machte Federers Fans und vor allem ihm selbst Mut auf weitere große Chancen. „Ich bin nach wie vor hungrig und motiviert, um weiterzumachen", sagte Federer bei der Siegerehrung. Und wieder explodierte der Applaus.

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