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Sport: „Windsurfen ist wie Cabrio fahren“ Björn Dunkerbeck über

das Berufsrisiko im Meer

Herr Dunkerbeck, Sie nehmen nun schon zum 17. Mal am SurfWorld-Cup vor Sylt teil. Ist das ist nicht irgendwann langweilig? Wie wär’s denn mal mit, sagen wir, der Ostsee?

Meinetwegen, wir könnten vor Fehmarn surfen, da kämen 150 000 Menschen, genau so viele wie in dieser Woche auf Sylt. Aber das ist es nicht.

Sondern?

Die Nordsee ist extremer, so unglaublich anspruchsvoll. Der Wind ist heftig, die Wellen sind zwei, drei Meter hoch. Und dann diese Strömung! Die Nordsee ist unberechenbar, keine Routine, nie.

Wenn es keine Routine gibt auf Sylt – warum haben Sie dann im vergangenen Jahr gefehlt?

Eine bescheuerte Geschichte: Ich war vorher in Australien, um Fische zu fangen. Ich bin unter Wasser getaucht, mit der Harpune in der Hand, dann löst sich plötzlich ein Schuss – und mir zischt die Harpune einmal durch den Fuß. Am Knöchel rein, unter der Sohle raus. Surfen wollte ich mit dem Ding im Fuß nicht. Das verstehen Sie doch, oder?

Natürlich. Formel-1-Fahrer David Coulthard will ja auch nicht aufs Surfbrett.

Doch, doch, der surft viel und das nicht mal schlecht, aber er will nicht vor Sylt aufs Brett steigen. Was hat er noch mal gesagt?

„Ich bin doch nicht lebensmüde!“

Es stimmt schon, was er da sagt. Schauen Sie sich diese Bedingungen an: Am vergangenen Samstag war es windstill. Und am Sonntag: Drei-Meter-Wellen, Sturm bis Windstärke neun. Das Risiko ist in der Nordsee sehr hoch. Aber ich bin nun mal Surfer – und Surfer sind Draufgänger.

Sehr bescheiden, Herr Dunkerbeck. Beschreiben Sie doch mal, was Sie fühlen beim Surfen.

Wenn du mit aller Kraft im Segel hängst und das Wasser zerschneidest, wenn dir der Wind um die Ohren braust, dann spürst du nur noch Adrenalin. Wer sich das schwer vorstellen kann, soll sich mal in ein Cabrio setzen, bei Tempo 200 aufstehen und sich am Fensterrahmen festhalten. Adrenalin pur.

Aber gegen die Wellen vor Hawaii …

… ist das nichts, dort sind sie bis zu 14 Meter hoch. Unglaublich. Ich muss dann aufpassen, dass meine Frau mich nicht sieht.

Sie lachen. Das hört sich nach Spaß an.

Auch, ja. Aber Surfen ist mein Job. Im Wave-Riding vor Sylt erhält der Sieger etwa 6000 Euro. Davon könnt ich nicht leben. Sie kennen bestimmt die Nutella-Reklame …

… in der Sie sagen: „Dadurch surfe ich nicht besser, aber es schmeckt gut.“

Genau. Von diesen Verträgen lebe ich. Ich musste mir diesen Status hart erarbeiten. Du wirst nicht einer der besten Surfer der Welt, wenn du lange schläfst, Cocktails trinkst und Frauen anmachst. Wenn Sylt abends feiert, gehe ich ins Bett, wenn sich alle Scampis reinziehen, esse ich Obst. Ich bin Vollprofi.

Warum nehmen Sie nie an Olympischen Spielen teil?

Olympische Spiele sind super, aber das Surfen – lächerlich! Gleiche Chancen für alle Teilnehmer, heißt das Motto. Also auch für jeden das gleiche Material. Was die bei Olympia verwenden, gehört aber leider ins Museum, nicht ins Meer. Das ist so, als würde Michael Schumacher in der Formel 1 im Lada antreten.

So ist nun mal der olympische Gedanke.

Stellen sie sich einen Asiaten und mich vor – mit gleichem Brett und gleichem Segel. Toll, ich könnte nicht mal starten, weil ich längst abgesoffen wäre. Schließlich wiege ich 30 Kilogramm mehr als der. Wenn sich die Regeln ändern, 2008 in Peking etwa, wäre ich zwar 39 Jahre – aber ich wäre garantiert am Start.

Das Gespräch führte André Görke.

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