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Das Jeongseon Alpine Centre.

© dpa

Wintersport in Asien: Konkurrenz für Europa

Der Wintersport will nach Asien expandieren. Der Alpin-Weltcup in Südkorea ist nur der Anfang.

Von Johannes Nedo

Gerade noch rechtzeitig ist alles fertig geworden. Bis zuletzt war nicht sicher, ob die Weltcups der Skirennfahrer an diesem Wochenende in Jeongseon überhaupt stattfinden können. Es mangelte an den elementarsten Dinge für die Athleten. Beim Bau des Lifts gab es große Verzögerungen, ebenso bei einigen Beschneiungsanlagen. Doch die Südkoreaner haben es in letzter Minute noch geschafft. So können die besten Skirennfahrer der Welt sich zum ersten Mal auf der nächsten Olympia-Strecke messen: am Samstag in der Abfahrt und am Sonntag im Super-G. Denn in zwei Jahren, bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang, werden in Jeongseon eben diese Wettbewerbe ausgetragen.

Dafür haben die Südkoreaner 180 Kilometer östlich der Hauptstadt Seoul diese alpine Rennstrecke aus dem Boden gestampft. Und nach den ersten Trainingsfahrten sind die Athleten mit der Piste, auf der es viele Sprünge geben wird, auch zufrieden. Dass alles jedoch erst kurz vor knapp fertig wurde, gefällt besonders Gian Franco Kasper nicht. „Koreas Verband hat geschlafen“, sagt der Präsident des Internationalen Ski-Verbands (Fis) im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Der Schweizer bezieht das nicht nur auf die Vorbereitung des alpinen Weltcups der Männer. Für den Wintersport in Südkorea erwartet er keinen großen Aufschwung durch Olympia. „Da darf man sich keinen Illusionen hingeben“, sagt Kasper. „In der Breite hat sich zu wenig getan.“ Die Südkoreaner fördern vor allem die Sportarten, in denen sie bisher schon gut waren: Eisschnelllauf, Shorttrack und Snowboarden. Auch in den Bobsport wurde investiert, weshalb es in der Bobszene derzeit heißt: Die Südkoreaner hätten das schnellste Material, aber eben noch nicht die besten Fahrer. In den Kernsportarten der Winterspiele – Ski alpin, Skispringen sowie Langlauf und Biathlon – sind die Südkoreaner allerdings weiterhin nicht konkurrenzfähig. Und die Bemühungen des Verbands, dies zu ändern, waren bisher halbherzig.

Vor allem finanziell ist Asien der gelobte Kontinent

Für die Fis ist das vor allem deshalb enttäuschend, weil der Weltverband davon ausgeht, dass bis 2022 eine asiatische Hochphase des Wintersports andauern wird – besonders in puncto Aufmerksamkeit. In zwei Jahren trägt Südkorea die Winterspiele aus, vier Jahre später werden sie in Peking stattfinden. Zweimal nacheinander werden die wichtigsten Medaillen des Wintersports in Asien vergeben. Vor allem finanziell ist Asien der gelobte Kontinent. „Es ist ein großer Markt, da wird einiges möglich sein“, betont Kasper. Auch die Ski-Industrie richtet ihren Fokus immer mehr auf Asien: In Japan gibt es 16 Millionen Skifahrer, und beim Thema China gerät Kasper ins Schwärmen. „Wenn nur zwei Prozent der Chinesen Skifahren würden, wären alle Pisten auf der Welt voll“, sagt der 72-Jährige.

So setzt die Fis insbesondere auf die Strahlkraft der Winterspiele in Peking. In China gebe es bereits 200 Alpin-Orte, doch das riesige Land strebe 500 an, sagt Kasper. „Beim Chinesen ist alles möglich.“ Von manchen Ausprägungen dort könnten auch die Europäer etwas lernen, betont er: „Einige Pisten dort sind 23 Stunden am Tag offen, man fährt fast rund um die Uhr. Die Tageskarten gelten ab Mitternacht und werden dementsprechend genutzt.“

Wenn sich mehr und mehr Chinesen für Wintersport interessieren, könnten sich auch die Wettkämpfe weiter nach Asien verlagern. „Asien wird mehr Weltcups verlangen“, betont Kasper. Kein Wunder, dass sich nun europäische Wintersport-Orte um ihren Platz im Saisonplan sorgen. „Wir brauchen einen Konkurrenzkampf zwischen den Weltcup-Orten – wir brauchen jedoch auch eine gesunde Entwicklung“, sagt er. Droht dem Wintersport in Europa dann bald ein Aufmerksamkeitsproblem, weil alle nur auf Asien schauen? Kasper reagiert zurückhaltend: „Ich hoffe es nicht.“ Zumal die Fis den Übergang nach Asien nicht überhasten will. Denn um die Menschen in Südkorea und China für Wintersport zu begeistern, braucht die Fis auch viele Stars aus diesen Ländern. Und die gibt es noch nicht. „Wir können Spitzenathleten nicht aus dem Hut zaubern“, sagt Kasper. „Das geht nur langsam Schritt für Schritt.“

Darum hat Kasper auch für Südkorea die Hoffnung noch nicht aufgegeben. „Dort ist der breite Wintersport einfach relativ neu“, sagt er. „Wir müssen den Leuten erst zeigen, wie viel wir ihnen bieten können.“

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