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Fabian Wegmann, 30, ist seit 2002 Radprofi, gewann bisher 15 Rennen und fährt für das Team Leopard-Trek. Am Samstag findet der Klassiker Mailand-San Remo statt.

© picture alliance / dpa

Sport: „Wir haben noch unsere Fans“

Fabian Wegmann über seine Rolle im wohl weltbesten Team und den darbenden Radsport in Deutschland

Herr Wegmann, Sie sind seit 2002 immer für ein deutsches Team Rennen gefahren. Jetzt gibt es hierzulande keine große Mannschaft mehr, Sie haben beim neuen Luxemburger Leopard-Trek-Team unterschrieben. Wie ist es, mit 30 Jahren erstmals nicht für ein heimisches Team zu starten?

So groß ist der Unterschied nicht. Bei Milram und Gerolsteiner, meinen bisherigen Teams, waren auch nicht nur deutsche Profis unter Vertrag. Jetzt ist die Teamsprache eben Englisch, aber der wirkliche Unterschied zu früher ist, dass ich jetzt bei der wohl stärksten Mannschaft der Welt fahre.

Ein Team, das sich als Ziel den Sieg bei der Tour de France durch einen der Schleck-Brüder vorgenommen hat. Dass deutsche Profis Siege feiern, steht sicher nicht im Vordergrund. Das ist doch ein großer Unterschied zu bisher.

Nein, ich sehe das nicht so. Klar haben wir Andy und Fränk Schleck und Fabian Cancellara als Kapitäne. Die drei stehen über allem, aber das ist bei einem Luxemburger Team ja auch völlig legitim. Damit sollte man als Berufsfahrer keine Probleme haben.

Wird der Sprung zu den Profis für junge deutsche Radsportler nun schwerer werden, weil es jetzt kein deutsches Top- Team mehr gibt?

Das ist sicher so. Ich hatte es als junger Rennfahrer tatsächlich leichter, es gab deutsche Teams, die alle große Rennen fahren durften und naturgemäß auf deutsche Fahrer setzten. Für den Nachwuchs wäre es ungeheuer wichtig, wenn es so etwas wieder gäbe.

Aber danach sieht es ja nun nicht aus.

Ich sehe das nicht so. Ich hoffe immer noch, dass es mal wieder klappt mit einem heimischen Topteam. Wir hätten genug Profis und Know-how dafür im Land. Und die Märkte ändern sich auch wieder. In den USA gab es vor drei Jahren nur ein großes Team, jetzt sind es schon drei.

Haben Sie nie daran gedacht aufzuhören, nachdem klar war, dass es kein deutsches Spitzenteam mehr geben wird?

Nein, keine Sekunde, warum auch? Ich denke, wenn es plötzlich keine Fußball-Bundesliga mehr geben würde, gäbe es trotzdem Profis, die dann eben im Ausland spielen würden.

Als zweifacher Deutscher Meister müssen Sie sportlich auswandern, weil der Radsport in Deutschland am Boden liegt. Ärgert Sie das nicht?

Was soll ich denn tun? Heulen und Zähneklappern? Nein, ich mache meinen Job, stelle mich wie immer den letzten zehn Jahren allen Doping-Kontrollen. Und ich freue mich, dass es zumindest noch Radsport-Fans in Deutschland gibt.

Gibt es die wirklich noch?

Aber ja. Bei unserer Teampräsentation im Januar in Luxemburg waren mehr als 4000 Leute, 500 davon sicher aus Deutschland. Und ich bin mir sicher, dass am 1. Mai in Frankfurt und im August in Hamburg wieder Hunderttausende an der Strecke sein werden. In Hamburg starten beim Jedermann-Rennen zum Beispiel über 20 000 Leute. So sieht kein toter Sport aus.

Haben Sie auch für sich den Eindruck, noch anerkannt zu sein? Zum Beispiel, wenn Sie rund um ihren Wohnort Freiburg beim Training unterwegs sind?

Unbedingt. Da hat sich wirklich nichts geändert. Ich werde um Autogramme gebeten oder um ein gemeinsames Foto. Wir haben noch unsere Fans.

Fans mag es geben, aber die Medien sind weg. 2012 werden ARD und ZDF auch nicht mehr live über die Tour de France berichten.

Dazu will ich nichts sagen, aber der Bildschirm wird ja nicht schwarz bleiben. Es gibt ja auch noch Eurosport und man wird sicher genau zählen, ob die plötzlich mehr Zuschauer haben. Ich denke schon.

Das Gespräch führte Jörg Löhle.

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