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Sport: „Wir losen aus, wer Karten bekommt“

Ticketvermarkter Schulenberg über den Fanverkauf für die Fußball-WM 2006

Herr Schulenberg, haben Sie in letzter Zeit viele neue Freunde gewonnen?

Ja, eine Menge. Neulich hat sogar ein ExFußballer von Werder Bremen angerufen. Früher hat er mich nie angeschaut, aber plötzlich säuselt er ins Telefon und fragt, ob ich ihm Tickets für die Weltmeisterschaft 2006 besorgen kann.

Und? Können Sie?

Natürlich nicht. Die Tickets sind noch gar nicht auf dem Markt.

Am 1. Februar werden Bestellungen für Eintrittskarten der Fußball-WM 2006 entgegengenommen. Ihre Firma verkauft die Tickets. Wie kommen die Fans an Karten?

Ganz einfach. Man setzt sich an seinen Computer, geht auf die Internetseite der Fifa, loggt sich ein, gibt Namen und Adresse ein und schickt die E-Mail ab. Allerdings haben das mehr als 30 Millionen andere Menschen auch vor.

Es gibt drei Millionen Eintrittskarten.

Theoretisch. Man muss die Kontingente für Sponsoren, Verbände und Ehrengäste berücksichtigen. Die Fifa bietet ab Februar in der ersten Verkaufsphase rund eine Million Tickets an.

Wie viele gehen davon in den Fanverkauf?

Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.

Wie lange nehmen Sie Bestellungen entgegen?

Acht Wochen lang. Mitte April wird dann ausgelost, wer Karten bekommt. Wer meint, bis dahin hundert E-Mails schicken zu müssen, kann sich das sparen – wir filtern Dubletten heraus.

Wie viele Tickets darf man bestellen?

Vier. Allerdings pro Haushalt.

Von jedem Spiel?

Sicherlich nicht. Genaueres gibt das Organisationskomitee noch bekannt. Nach der ersten Auslosung wird es in diesem Sommer eine zweite Rate geben.

Klingt wie Lotto.

Ja, nur dass die WM-Quote besser ist. 30 Millionen Fans, 3 Millionen Glückliche. Das heißt: Jeder Zehnte gewinnt.

Und die 27 Millionen Verlierer bekommen einen netten Brief?

Beim Lotto bekommt auch keiner einen Brief, wenn er nicht gewonnen hat.

Der Ticketverkauf wird allein im Internet abgewickelt.

Eigentlich ja, denn jeder auf der Welt soll gleiche Chancen haben. Es wird auch Formulare zum Fax-Abruf geben, damit sich Menschen ohne Internet bewerben können. Die Nachfrage wird immens sein.

Keine guten Aussichten.

Vielleicht gibt es kurz vor der WM noch Restkarten zu erwerben, die Verbände oder Sponsoren zurückgeben.

Auf dem Schwarzmarkt?

Nein, den werden wir verhindern. In die Tickets ist ein Chip eingebaut. Darauf sind die persönlichen Daten des Käufers gespeichert. Nur wer die angibt, kommt durch die Drehkreuze. Wer kontrolliert wird und nicht zum Ticket gehört, wird nicht hineingelassen. Wir werden besser handeln als in Portugal oder Asien.

Bei der Europa- und Weltmeisterschaft waren viele Plätze leer…

…obwohl das Stadion ausverkauft war, genau. Das waren Tickets, die verkauft waren, aber nicht genutzt wurden. Das können wir 2006 verhindern. Wenn jemand Tickets nicht in Anspruch nimmt, können wir sie aus dem System löschen und neue ausstellen.

Das können Sie?

Natürlich. Wir sind der größte Ticketvermarkter in Europa, kennen jedes Stadion, haben fast jede Bühne bespielt.

Hauptsächlich mit Musik. Und Fußball?

Keine Sorge. Wir vermarkten seit Jahren alle Länderspiele des DFB.

Interessieren Sie sich für Fußball?

Ich habe mal selbst gespielt. Bei den Knaben von Werder Bremen war ich Mittelläufer. Ich war auch als Fan im Stadion, vor 20 Jahren hatte ich eine Dauerkarte bei Werder. Da saß ich auf alten Holzbänken mit Schal und kalten Füßen. Heute interessiere ich mich mehr für Musik.

Warum?

Alles fing an mit Bernd Clüver und seinem Lied „Der Junge mit der Mundharmonika“. Für ihn habe ich Konzerte organisiert in den Siebzigern. Irgendwann kamen die Großen dazu: Madonna, REM.

Wie viel verdienen Sie am WM-Verkauf?

Der Ticketverkauf bringt uns 30 Millionen Euro Umsatz. Davon bleiben 20 Prozent Gewinn, also sechs Millionen Euro.

Wo wollen Sie das Geld investieren – ins Sportgeschäft?

Nein. Boxabende oder Formel 1 können andere besser organisieren. Wir bauen unsere Firma aus und bewerben uns um den Ticketverkauf für die Fußball-EM 2008 in Österreich und der Schweiz.

Was ist mit den Olympischen Spielen?

Wir bemühen uns um den Zuschlag für Peking 2008. In diesem Jahr fällt eine Entscheidung.

Wie sieht die Eintrittskarte der Zukunft aus?

Schauen Sie auf mein Handy. Ich habe ein Ticket im Internet bestellt und bekomme eine SMS zurück. Wir haben das bei den Rolling Stones erprobt. Die Zeit der Papierkarte ist eigentlich vorbei.

Haben Sie keine alten Tickets als Andenken an der Wand?

Doch. Eine von Queen, die haben vor 25 Jahren in Bremen gespielt. Es war eine meiner ersten eigenen Veranstaltungen.

Das Gespräch führten André Görke und Robert Ide.

Klaus-Peter Schulenberg, 53, ist Chef des Unternehmens CTS Eventim, dem größten Ticketvermarkter in Europa. CTS verkauft die Eintrittskarten für die Fußball-WM 2006.

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