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Sport: „Wir reden bis tief in die Nacht – wie beim Klassentreffen“

Marco Pantelic über Serbiens Team und seinen Freund und heutigen Gegner Kevin-Prince Boateng

Herr Pantelic, heute beginnt Ihre erste Weltmeisterschaft. Sind Sie aufgeregt?

Ich bitte Sie! Wir haben doch überhaupt keinen Druck. Serbien hat sich als Gruppenerster qualifiziert, das ist das große Stück Kuchen für unsere Landsleute. Sie sind stolz auf uns. Alles Weitere ist eine Zugabe, die Sahne zum Kuchen.

Am Rande der wenig erfolgreichen Testspiele gab es Ausschreitungen, die serbischen Fans waren nur schwer zu beruhigen.

Die Menschen sind halt mit dem ganzen Herzen dabei. Aber wir werden uns ohnehin besser präsentieren als in der Vorbereitung, glauben Sie mir das.

Was macht Sie so zuversichtlich?

Unsere Mannschaft. Es herrscht eine unglaubliche Atmosphäre. Wenn wir zusammenkommen, dann ist das wie bei einem Klassentreffen, wenn sich alte Freunde viel zu erzählen haben. Wir sitzen bis tief in die Nacht beieinander und hören uns zu. Das ist einfach nur schön. Bei einem so langen Turnier kann das von großem Vorteil sein. Andere Teams gehen sich vielleicht schnell auf die Nerven. Die werden nicht in der Lage sein, ihr Bestes füreinander zu geben.

Sie treffen heute auf Ghana und ihren alten Freund von Hertha, Kevin-Prince Boateng. Halten Sie noch Kontakt?

Sogar regelmäßig. Die Freundschaft wird in dem Spiel allerdings erst einmal ruhen müssen. Ich glaube nämlich, dass dieses erste Spiel entscheidend für den Verlauf unserer Weltmeisterschaft sein wird. Gewinnen wir, ist alles möglich.

Haben Sie mit Boateng über das Foul an Michael Ballack gesprochen?

Ja, und ich weiß ganz genau, dass es keine Absicht war. Er hat mir gesagt, dass es ihm Leid tut. Da wird ein ziemlich übles Spiel mit Kevin getrieben, die Medien machen ihn zu einem Bad-Boy. Aber ich kann Ihnen versichern: Das ist er nicht. Kevin ist ein guter Junge. Er weiß, wie man sich benimmt.

Wir hätten so eine Antwort eher bei der Frage nach Arne Friedrich erwartet.

(lacht) Mit Arne habe ich auch schon viele Gespräche geführt, ein sehr langes zum Beispiel vor meinem Wechsel zu Ajax Amsterdam. Er ist ein guter Mensch, und vor allem auch ein exzellenter Fußballer mit viel Qualität und über 70 Länderspielen Erfahrung. Die merkt man ihm an.

Sie werden Friedrich womöglich als direkter Gegenspieler begegnen. Nach vier gemeinsamen Jahren bei Hertha kennt er Ihre Tricks womöglich schon aus dem Training.

Soll das ein Witz sein? Kennen Sie meinen Stil etwa nicht? Ich entscheide immer aus der Situation heraus, was ich tun werde. Es ist nichts geplant. Fußball ist für vorherige Berechnungen doch auch viel zu komplex. Jede Situation erfordert eine andere Maßnahme von dir, eine andere Technik. Ich lasse es fließen, es kommt einfach so. Im Fußball kann ein winziger Moment die Entscheidung bringen. Eine Bewegung. Ein Pass. Ein Schuss. Deshalb wird Arne keinen Vorteil aus unseren gemeinsamen Jahren bei Hertha ziehen können. Auch wenn ich gerne an diese Zeit zurück denke.

Zuletzt ging es Hertha nicht besonders gut. Bereuen Sie, den Verein verlassen zu haben.

Dazu möchte ich nichts sagen. Es wurden bei Hertha viele Fehler gemacht, das ist sehr schade. Ich liebe den Klub, die Stadt und die Fans noch immer. Berlin ist tief in meinem Herzen, eine zweite Heimat. Und deshalb glaube ich auch fest daran, dass Hertha wieder aufsteigen wird. Es arbeiten zu viele wunderbare Menschen dort, als dass es misslingen könnte.

Ihr Vertrag bei Ajax Amsterdam läuft aus. Sie könnten beim Wiederaufstieg helfen.

Ich hatte ein wundervolles Jahr bei Ajax, mit 16 Toren in 25 Spielen. Zu meiner Zukunft will ich mich erst nach der WM äußern, bitte verstehen Sie das.

Wie viele Tore schießen Sie bei dieser WM?

Auf so etwas habe ich mich noch nie eingelassen. Wir wollen ein gutes Ergebnis erzielen, für alle Serben.

Interview: Ingo Schmidt-Tychsen

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