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Sport: „Wir spielen für Matej“

Albas Basketballer stehen ihrem schwer verletzten Kapitän Mamic bei

Berlin - Bis Mitternacht harrten Alba Berlins Basketballer Jovo Stanojevic, Nenad Canak und Quadre Lollis am Samstag im Unfallkrankenhaus Berlin bei dem schwer verletzten Matej Mamic aus. Auch Trainer Henrik Rödl und Teammanager Henning Harnisch waren dort. Als sie die Klinik verließen, waren sie immer noch geschockt, aber zumindest etwas hoffnungsvoller. Mamic konnte seine Beine wieder bewegen. Keine Selbstverständlichkeit, „es war nicht ausgeschlossen, dass der Halswirbel durch ist“, sagte Harnisch gestern. Das hätte eine dauerhafte Querschnittlähmung bedeutet. In der Klinik diagnostizierte das Ärzteteam um Professor Walter Schaffartzik eine schwere Prellung im Rückenmark, durch Medikamente ging die Lähmung noch am Abend teilweise zurück (siehe Kasten „Was der Arzt sagt“). Mamic, der auf der Intensivstation liegt, ist bei vollem Bewusstsein und ansprechbar. Angesichts der Befürchtungen sprach Vizepräsident Marco Baldi gestern von einem „tiefen Aufatmen“. Er besuchte den 30-jährigen Mannschaftskapitän gestern, „er war sehr müde, und es gibt nicht viel zu reden“. Es sei aber eher Mamic „der sein Umfeld beruhigt, als andersrum“.

Der Kroate war in der 32. Minute des Bundesligaspiels gegen TBB Trier nach einem fairen Block von Nate Doornekamp aufs Parkett gefallen und minutenlang reglos liegengeblieben. Unterhalb des Schlüsselbeins spürte er zunächst nichts mehr. Er wurde mit dem Rettungshubschrauber nach Marzahn geflogen, das Spiel wurde auf Albas Wunsch beim Stand von 66:64 abgebrochen. Wie es gewertet wird, steht noch nicht fest. Triers Trainer Joe Whelton will „Alba nicht am grünen Tisch besiegen, sondern auf dem Parkett“, wie er dem „Trierischen Volksfreund“ sagte. Auch Dirk Kaiser, der Sprecher der Basketball-Bundesliga, hält eine Spielwiederholung für wahrscheinlich. Doornekamp war, obwohl ihn keine Schuld traf, nervlich am Ende. Er bat darum, noch nachts über die erste Diagnose informiert zu werden. Morgens um halb eins kam dann der Anruf, der etwas Hoffnung machte.

Albas Center Jovo Stanojevic war wegen einer Grippe am Samstag nicht in der Halle. Harnisch informierte ihn telefonisch über den Unfall, und Stanojevic fuhr mit seiner Frau sofort ins Krankenhaus. „Es war furchtbar“, sagte er. „Ich wusste nicht, wie ich helfen kann. Und ich habe mich schlecht gefühlt, weil ich nicht dabei war, als es passiert ist.“ Am wichtigsten sei gewesen, dass „Matejs Frau bei ihm war“. Sie lebt in Kroatien, weil die beiden älteren Kinder dort in die Schule und Vorschule gehen, und war zwei Tage zuvor mit zweien der drei Kinder nach Berlin gekommen. Gestern sagte Stanojevic: „Matej ist stark. Er kann zurückkommen.“ Damit meine er nicht, dass Mamic weiter Profi-Basketball werde spielen können, daran denkt derzeit niemand. „Zu 99 Prozent wird Matej wieder laufen können“, sagt Stanojevic voller Hoffnung. Auch Harnisch glaubt, „wenn jemand durchkommt, dann einer wie er. Er ist auch als Mensch ein großer Charakter. Sein Gesicht war schon wieder voller Kraft.“

Gestern besuchten weitere Alba-Spieler Mamic im Krankenhaus, abends hatte die Mannschaft Training. Schon morgen muss Alba im Uleb-Cup gegen Belgiens Meister Euphony Bree antreten und braucht nach drei Auftaktniederlagen einen Sieg. Eine Verschiebung des Spiels ist nicht möglich. „Das ist hart, aber wir sind Profis“, sagt Stanojevic. „Wir spielen für Matej“, kündigt Harnisch an. Jörg Busche, Vorsitzender des Fanklubs „Albatross“, will alle der vermutlich über 6000 Fans auf vielen Karten unterschreiben lassen und daraus die größte Genesungskarte der Welt basteln. „Er soll sehen, wieviele Leute an ihn und seine Familie denken.“

Helen Ruwald

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