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Position per Volksentscheid. Lahm durfte wieder auf der rechten Abwehrseite spielen – und tat dies gewohnt zuverlässig.

© AFP

WM 2014 - Kommentar zur deutschen Nationalelf: 1:0 gegen Frankreich: Die alten Tugenden sind noch da

Der Sieg über Frankreich war am Ende ein Kraftakt. Das deutsche Team hat mit dem schwer erkämpften 1:0 gezeigt, dass auch die begnadete Fußballergeneration die alten Tugenden noch verinnerlicht hat. Ein Kommentar.

Da sind sie wieder, die Deutschen. In ihrem 18. Anlauf haben sie es zum 13. Mal ins Halbfinale einer Fußball-Weltmeisterschaft geschafft. Zum vierten Mal in Folge hat die deutsche Nationalmannschaft unter Bundestrainer Joachim Löw die Runde der besten Vier erreicht. Noch Fragen? Vielleicht die, ob es der erste Halbfinaleinzug per Volksentscheid war?

Es war ja bis an die Copacabana gedrungen, dass das deutsche Fußballvolk Philipp Lahm doch lieber auf der rechten Abwehrseite sehen wollte, anstatt im Mittelfeld. Man kann es Einknicken nennen, aber am Ende ist es ganz doch gleich, wie Löw zu der Einsicht gelangte. Wichtig war, dass er dazu kam, dass er von seinem systemischen Experiment abließ und Lahm wieder auf seine gewohnte Position zu stellen. Nennen wir es lieber Löws Fähigkeit zur Flexibilität, die er ja bei dieser nicht ganz gewöhnlichen WM-Endrunde von seinen Spieler stets eingefordert hat.

Dass sein praktizierter Plan-B in Wirklichkeit nichts anderes war, als sein alter Plan-A – wen stört's. Wichtig ist, dass der Pan aufging, weil sich die Mannschaft in diesem lange Zeit praktizierten System sicher und stabil fühlte. Eine Weltmeisterschaft ist zu aller erst ein ergebnisorientierter Wettbewerb. Und ein 1:0 bleibt ein 1:0, ganz gleich wie es zustande gekommen ist. Oder wie schon typisch deutsch durch eine Standardsituation. Dass die deutsche Mannschaft dabei nicht so sehr fußballerisch glänzte – wer fragt am Ende danach?

Was die deutsche Nationalmannschaft bislang erreicht hat, verlangt großen Respekt. Sie hat es nämlich weniger über ihrem spielerischen Vermögen geschafft, über das sie zweifelsfrei verfügt. Sondern sie hat es in Rio de Janeiro über ihren Willen, über ihre mannschaftliche Geschlossenheit und über ihre Mentalität gepackt. Das kann am Ende viel wertvoller sein als alles andere.

Der Sieg über am Ende vielleicht bessere Franzosen, war wieder ein Kraftakt. Allerdings ein anderer als beim qualvollen Sieg über Algerien zuvor. Dieses Wissen um die eigene physische und mentale Kraft, die Fähigkeit, die Erkenntnis notfalls auch über Grenzen gehen zu können, sendet gleich in zweierlei Hinsicht hoffnungsvolle Signale. Nach innen stärkt es das Zutrauen in das eigene Können und macht zusätzlich selbstbewusst.

Und nach außen lautet die Botschaft: Die Deutschen, die derzeit so fantastische Fußballspieler in ihren Reihen wissen, haben ihre alten Tugenden noch nicht hinfort gespielt. Keine Frage, das sind nicht die schlechtesten Aussichten für das entscheidende Spiel um den Einzug ins WM-Finale am Dienstag gegen Brasilien.

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