zum Hauptinhalt
Zeichen setzen. Nur Rekordnationalspieler Lothar Matthäus und Miroslav Klose haben mehr Länderspiele absolviert als Lukas Podolski.

© dpa

WM 2014: Lukas Podolski ist wieder unverzichtbar in der Nationalelf

Lukas Podolski hat zuletzt seinen Status in der Nationalmannschaft eingebüßt – sogar die Teilnahme in Brasilien schien in Gefahr. Doch nun erhält er eine neue Chance – auch weil er sich in der Vorbereitung aufgedrängt hat.

Der Vorhang raschelte, erst war ein Auge zu sehen, dann ein Lächeln und schließlich der ganze Mann. Lukas Podolski trat aus dem guten Teil der Maschine hinein in den Billigbereich des Flugzeugs. Beim Flug der deutschen Fußball-Nationalmannschaft von Frankfurt am Main nach Salvador de Bahia war Podolski der einzige Spieler, der sich in elf Stunden mal im hinteren Teil der Maschine blicken ließ. Ein bisschen Symbolik war auch dabei. Lukas Podolski, der Offensivspieler vom Londoner Premier-League-Klub FC Arsenal, war lange hinter dem Vorhang verschwunden. Jetzt aber, rechtzeitig zur Weltmeisterschaft in Brasilien, ist er wieder zum Vorschein gekommen. Und das gewissermaßen mit einem lauten Tusch.

Einiges deutet daraufhin, dass der 29-Jährige auch bei seiner dritten WM-Teilnahme wieder eine wichtige Rolle für die Nationalmannschaft spielen wird – erst recht nach dem Ausfall von Marco Reus. Angesichts seiner überragenden Form in der Rückrunde wäre der Dortmunder erster Anwärter auf den Platz im linken offensiven Mittelfeld gewesen. Jetzt aber läuft wieder alles auf Lukas Podolski zu. „Er hat im ganzen Trainingslager einen unglaublich positiven Eindruck hinterlassen“, sagt Bundestrainer Joachim Löw. „Er war wahnsinnig aggressiv, dynamisch und körperlich stark.“ Julian Draxler, der junge Schalker, ist wohl keine ernstzunehmende Konkurrenz, und André Schürrle scheint von Löw eher für die rechte Seite vorgesehen zu sein oder als falsche Neun im Angriff.

Die WM in Brasilien ist das sechste große Turnier für Podolski

Seit zehn Jahren spielt Podolski inzwischen für die Nationalmannschaft, die WM in Brasilien ist sein sechstes großes Turnier – und an Länderspieleinsätzen (114) liegen nur noch Miroslav Klose (132) und Rekordnationalspieler Lothar Matthäus (150) vor ihm. Doch die beeindruckenden Zahlen täuschen ein wenig über seinen schleichenden Bedeutungsverlust in der Nationalmannschaft hinweg. Seit der EM 2012, als Podolski im Halbfinale gegen Italien schon zur Pause nach einem ziemlich bräsigen Auftritt ausgewechselt wurde, schien seine internationale Karriere eher im Abklingen begriffen zu sein. 13 Länderspiele hat Podolski seitdem bestritten, doch nur drei Mal stand er in der Startelf, unter anderem bei den beiden Begegnungen der USA-Reise vor einem Jahr, als fast sämtliche Stammspieler aus München und Dortmund wegen Verpflichtungen mit ihren Klubs fehlten.

Einige in der sportlichen Führung wollten Podolski gar nicht mit zur WM nehmen

Innerhalb der sportlichen Führung soll es sogar Überlegungen gegeben habe, Podolski gar nicht für die WM zu nominieren. Wenn das so stimmt, wird es der 29-Jährige wohl vor allem der Richtlinienkompetenz des Bundestrainers zu verdanken haben, dass er in Brasilien dabei ist. Löw ist schon immer ein großer Anhänger Podolskis gewesen – auch weil der Bundestrainer das Gefühl hatte, nie von ihm enttäuscht worden zu sein. Löw hat schon vor der EM 2012 erklärt, „dass der Lukas bei den Turnieren immer seine Tore und wichtige Assists hatte“. An dieser Meinung hat sich offensichtlich nichts geändert. „Er weiß, dass er mir immer vertrauen und immer auf mich setzen kann“, hat Podolski vor kurzem dem „Kicker“ gesagt.

An fünf der acht Tore in den Vorbereitungsspielen war Podolski beteiligt

Dass das keine leeren Parolen waren, hat der frühere Kölner in den beiden letzten Testspielen vor dem Abflug nach Brasilien nachgewiesen. An fünf der acht Tore war Podolski beteiligt. Gegen Kamerun bereitete er nach seiner Einwechslung das zwischenzeitliche 2:1 durch André Schürrle vor, gegen Armenien gab er drei Vorlagen, ein Tor schoss er selbst. Es war sein erstes für die Nationalmannschaft seit ziemlich genau einem Jahr.

Wenn der Gefühlsmensch Podolski Lust am Fußball hat, kann er immer noch ein Element ins deutsche Spiel einbringen, das der Nationalmannschaft zuletzt ein wenig abgegangen ist: Wucht und Zielstrebigkeit. Anders als inzwischen international üblich wird der Londoner nicht inversiv eingesetzt, also als Linksfuß auf der rechten Seite, der mit dem Ball nach innen zieht, um mit seinem starken Fuß zum Abschluss zu kommen. Podolski nimmt den direkten Weg zum Tor, ohne Kurve. „Wenn Lukas aus der Tiefe kommt, kann er seine Dynamik ausspielen“, sagt Löw. „Dann ist er schwer aufzuhalten.“

Zur Startseite