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Da ist das Ding. Um diesen Pokal gehts heute zwischen Japan und den USA.

© dpa

WM-Finale Japan - USA: Duell zweier Fußballwelten

Die Spielphilosophien der USA und Japan könnten unterschiedlicher nicht sein. Im heutigen Endspiel kann alles passieren – denn wer ist hier eigentlich der Favorit?

Noch ein Spiel, sagt Abby Wambach. „90 Minuten oder 120 oder 123, an etwas anderes denken wir nicht.“ Am Sonntag, 20.45 Uhr (live im Ticker der Tagesspiegel.de) im Frankfurter Waldstadion soll die Mission der USA im WM-Finale gegen Japan zu einem erfolgreichen Ende geführt werden. Abby Wambach ist eine gefragte Gesprächspartnerin in diesen Tagen der Frauenfußball-Weltmeisterschaft. Weil sie die aufregendste Erscheinung ist in einer aufregenden Mannschaft. Weil sie Tore köpft wie ein Kerl. Und weil sie viel und gern redet, über amerikanische Werte im Allgemeinen und ihre Bedeutung für den amerikanischen Fußball im Besonderen.

Es gibt dafür eine englische Redewendung, die Abby Wambach gern zitiert: When the going gets tough, the tough get going. Das ist der Titel eines Liedchens, mit dem Billy Ocean in den Achtzigern die Charts so dominiert hat, wie die Amerikanerinnen das jetzt mit der Fußball-Welt im Sinn haben. Die Geschichte von den harten Mädchen, die erst wenn es hart wird zu großer Form auflaufen, ist mehr als eine Floskel. Sie steht im doppelten Sinn für den Stil der amerikanischen Frauen, für ihre psychische und physische Stärke. In ihrem Selbstverständnis gibt es keine ausweglosen Situationen. Im Viertelfinale gegen Brasilien lagen sie mit einer Frau weniger bis in die Nachspielzeit der Verlängerung zurück, im Halbfinale wurden sie von den Französinnen zeitweise an die Wand gespielt. Beide Male hieß der Sieger am Ende USA. „Vielleicht liegt das daran, dass wir eine kämpferische Nation sind“, sagt Torfrau Hope Solo. Und: „Wir mögen es nun mal nicht, wenn es zu einfach ist.“

Die Japanerinnen wissen das ganz genau. Vor allem wegen Abby Wambachs Kopfballstärke ließ Trainer Norio Sasaki seine Torhüterin Ayumi Kaihori und seine Innenverteidigerinnen Saki Kumagai und Azusa Iwashimizu am Freitag fast eine Stunde lang mit hohen Flanken eingedeckt, die entweder die Torfrau abfangen oder die Abwehrspielerinnen wegschlagen mussten. Letzteres passt eigentlich nicht zum japanischen Spiel, das auf einem schnellem und sauberen Umschalten von Abwehr auf Angriff aufbaut. „Umzuschalten, wenn der Ball weg ist, oder schnell auszunutzen, wenn die Gegner den Ball verlieren – das sind die Dinge, die wir in den letzten Jahren gut trainiert haben“, erklärt Sasaki, der Japan seit vier Jahren trainiert. Der WM-Titel wäre der erste Erfolg für sein Land und Japan könnte nach den USA, Norwegen und Deutschland die erst vierte Weltmeisternation werden. Die USA hoffen hingegen, den dritten Titel nach 1991 und 1999 zu holen.

Die Spielphilosophien der beiden Kontrahenten könnten unterschiedlicher nicht sein: Die Wucht der Amerikanerinnen gegen das japanische Kollektiv mit dem ansehnlichen Kurzpassspiel. Während Sasaki diesmal darauf verzichtet, seiner Mannschaft Bilder der Erdbebenkatastrophe zu zeigen, wird Pia Sundhage einen einfachen psychologischen Trick zu Hilfe nehmen: Sie wird ihnen alle Tore zeigen, die sie bei dieser WM schon geschossen haben. Norio Sasaki hingegen sagt: „Die Spielerinnen müssen nicht jedes Mal die Bilder sehen, sie wissen sehr gut, was sie für eine Botschaft nach Hause senden und wie viel Mut und Zuversicht sie spenden.“

Der japanische Trainer hat noch ganz andere Tricks drauf: Nach dem Training helfen alle 21 Spielerinnen beim Aufräumen. Auch Kapitänin Homare Sawa packt mit an. „Wir haben in dieser Mannschaft eine große Solidarität“, sagt Sasaki. „Damit haben wir Deutschland und Schweden besiegt, jetzt soll uns das auch helfen, die Nummer eins in der Welt zu schlagen.“

Das wird wohl die schwerste Aufgabe bislang. Die amerikanische Comeback-Story ist auch deswegen so bemerkenswert, weil das Team nicht gerade übermäßig mit Talent gesegnet ist. Frühere Jahrgänge mit den Nationalheldinnen Mia Hamm und Brandi Chastain beherrschten die Konkurrenz mit spielerischen Mitteln. Heute genügt den USA die Gewissheit, dass Abby Wambach irgendwie schon ein Tor schießt. „Wir reden immer von 1991 und 1999“, sagt Wambach. „Diese Teams haben den Standard gesetzt, nicht nur für uns. Damals haben andere Verbände begonnen, in Frauenfußball zu investieren. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die Französinnen so phantastischen Fußball spielen können?" Oder die Japanerinnen, aber das wird am Sonntag geklärt. Noch ein Spiel, 90 Minuten oder 120 oder 123.

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