zum Hauptinhalt

WM Kolumne: Herrlich unkreativer Torjubel Anouschka Bernhard über Fankultur und den neuen Stellenwert des Sports

Ich finde die WM bisher sehr spannend. Die Unterschiede zwischen den vermeintlich großen und den kleinen Teams sind kaum zu spüren.

Ich finde die WM bisher sehr spannend. Die Unterschiede zwischen den vermeintlich großen und den kleinen Teams sind kaum zu spüren. Viele hätten wahrscheinlich mit hohen Ergebnissen gerechnet. Doch ein 11:0-Sieg von Deutschland wie vor vier Jahren gegen Argentinien wird es bei dieser WM wohl nicht mehr geben. Das ist auch gut so: Der Sport lebt zwar auch von Toren, aber vielmehr von der Spannung.

Die Teams spielen mittlerweile auf einem ähnlichen Niveau, weil der Frauenfußball in den vergangenen Jahren einen immer größeren Stellenwert bei den Verbänden bekommen hat – und das nicht nur in Deutschland. Der Sport wird stärker gefördert und es gibt motivierte Trainer. Früher wurde das Coachen eines Frauenteams oft nur als notwendiges Übel angesehen, heute haben die Trainer und Trainerinnen Lust darauf und sind mit vollem Engagement dabei.

Zur Belohnung werden sie bei vielen Teams auch in den Torjubel eingeschlossen. Ich freue mich jedes Mal über diese herrlich unkreative Freude. Die Frauen jubeln einfach nur gemeinsam über ihre Tore und rennen als Menschentraube zur Bank. Es ist erfrischend zu sehen, dass sich niemand für die Kameras inszeniert. Es werden keine Babys geschaukelt oder imaginäre Pfeile geschossen – wie das bei den Männern inzwischen üblich ist.

Im Publikum saßen bei den bisherigen Spielen mehrere Generationen nebeneinander, ältere Menschen, aber auch viele junge. Man kann nur hoffen, dass die auch in den nächsten 15 Jahren noch Fans bleiben. Mich erinnert das schon alles ein bisschen an das Sommermärchen der Männer von 2006. Tolles Wetter, guter Sport, schöne Stimmung in den Stadien. Es gibt viele Parallelen. Und auch die Engländer liefern eine: Haben sie doch auch im Frauenfußball keine gute Torhüterin zwischen den Pfosten stehen.

Ob die Euphorie auch bei der nächsten WM so groß sein wird, ist fraglich. In Deutschland erfährt der Frauenfußball in der Öffentlichkeit einen außergewöhnlich hohen Zuspruch. Das ist in anderen Ländern so überhaupt nicht gegeben. Es wird schwer, das in vier Jahren zu toppen. Aber darüber sollten wir erst nach der WM nachdenken – genießen wir erst einmal das Hier und Jetzt.

An dieser Stelle wechseln sich DFB-Jugendtrainerin Anouschka Bernhard, Turbine Potsdams Coach Bernd Schröder, der Schriftsteller Moritz Rinke und der langjährige Bundestrainer Gero Bisanz ab.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false