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WM Kolumne: Rennpferde am Tellerrand

Bernd Schröder über Japans Erfolgsgeheimnis

Die Japanerinnen stehen im WM-Finale. Das mag manche überraschen, mich nicht. Eine Woche vor ihrem Sieg gegen Deutschland war eine japanische Delegation hier in Potsdam, wir tauschen uns seit Jahren aus und wissen, was die Japanerinnen können. Die Delegierten haben auch von den Bedingungen nach der Erdbeben-Katastrophe erzählt: Im nationalen Trainingszentrum in Tokio hatten sie abends kein Licht mehr, die Vereine konnten nicht trainieren, das Nationalteam kaum Testspiele absolvieren, Familien der Spielerinnen waren betroffen. Wenn die deutsche Mannschaft eine solche Last zu tragen gehabt hätte, dann erst hätte man von Druck reden können. Wir haben ihnen dann angeboten, sich bei uns in Potsdam vorzubereiten, aber das haben sie dankend abgelehnt. Stellen sie sich vor, was das für ein Theater gegeben hätte: Jetzt trainiert Turbine die deutschen Gegnerinnen!

Die Japanerinnen haben es geschafft, die seelische Belastung zu tragen. Das ist eben die asiatische Mentalität: fleißig, konzentriert, bescheiden, um dafür auf dem Platz umso offensiver zu spielen. Der Erfolg Japans hat auch damit zu tun, dass das Land über den Tellerrand schaut – anders als China und Nordkorea, die früher die dominanten Frauen-Teams in Asien waren. Japan war schon 1994 zu einem Testspiel in Potsdam.

Dem aktuellen japanischen Team zuzuschauen, ist wie Anschauungsunterricht für guten Fußball. Eine Mischung aus der Technik der Japanerinnen gepaart mit der Athletik der Amerikanerinnen – das wäre ideal. Doch aus einem Ackergaul kann man kein Rennpferd machen. Jedes Land muss schließlich nach seinen Möglichkeiten spielen, den FC Barcelona kann man auch nicht so einfach kopieren.

An dieser Stelle wechseln sich Turbine Potsdams Coach Bernd Schröder, der langjährige Bundestrainer Gero Bisanz, DFB-Jugendtrainerin Anouschka Bernhard und der Schriftsteller Moritz Rinke ab.

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