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WM Porträt: Einer zum Verrücktwerden

Der wird doch nicht etwa ..

Der wird doch nicht etwa ...? Ganz Uruguay hielt den Atem an, als Sebastian Abreu über den Platz schritt, um den entscheidenden Elfmeter zu schießen. Eigentlich wusste jeder in dem kleinen Land, was jetzt passieren würde. Die Frage war nur: Weiß Ghanas Torhüter Richard Kingson es auch?

Er wusste es nicht. Und so lupfte Sebastian Abreu den Ball wie damals der Tscheche Panenka frech in die Tormitte. Aus, vorbei – Uruguay stand im Halbfinale und dem verdutzten Kingson blieb nur noch das Nachsehen. Dabei hätte ein Blick ins Internet genügt und Richard Kingson wäre vermutlich als Sieger aus diesem Duell hervorgegangen. Auf seiner Homepage hat Abreu Videoclips aller seiner Elfmeter aufgelistet – viele hat er mit einem Lupfer in die Mitte verwandelt. Nur einmal, als er in Mexiko für Tecos Guadelajara spielte, ging die Sache schief. Abreu wurde auf der Stelle entlassen, und mit ihm sämtliche Angestellte, die aus Uruguay stammen. Solche Geschichten ließen sich massenhaft über Sebastian Abreu erzählen. In Uruguay ist el loco, der Verrückte, ein Volksheld. Seine Tore , Marotten und unzähligen Tattoos inspirierten die Band Los del Parque zu einem Song über ihren Helden. Darin heißt es, „Er ist der Verrückte des Volkes, sein Weg führte ihn über die Hauptstadt (Montevideo) nach Amerika und Europa.“ Elegant gelöst, schließlich wäre es schwierig geworden, alle 18 Vereine, für die der 34-Jährige bisher gespielt hat, in einem Songtext unterzubringen. Nie hielt es der hochgewachsene Angreifer irgendwo lange aus, er spielte in Uruguay, Argentinien, Mexiko, Spanien, Israel. Unter anderem. Immer mit dabei: sein eigenhändig genähtes Glückstrikot, bestehend aus mehreren alten Trikotteilen, Wappen seiner Lieblingsvereine und Bildern seiner Kinder. Heute, im Halbfinalspiel gegen die Niederländer wird Abreu es wieder unter dem himmelblauen Jersey Uruguays tragen. Er soll für den gesperrten Luis Suarez von Beginn an auflaufen. Dann werden Los del Parque wieder singen: „Verrückter, still deinen Torhunger, deine Verrücktheit ist unübertroffen.“

Wirklich? „Nein“, sagt Abreu, „einmal gab es einen, der noch verrückter war. Damals, als ich noch in Argentinien spielte, rief mir jemand während der Halbzeitpause zu: Uruguayer, bleib stehen! Los, wir tauschen jetzt die Trikots! Es war Diego Maradona. Zuerst konnte ich es nicht glauben. Ich griff mir schnell sein Trikot und versteckte es in meiner Tasche, dass es mir ja niemand klaut. Als es dann wieder losging, konnte ich nur noch an das Trikot denken. Ich schmiss alle Mann aus der Kabine und schloss die Tür ab. Sicher ist sicher.“ Sebastian Stier

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